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Die Musen des Herodotus von HalikarnassusÜbersetzt von Dr. J. Chr. F. Bähr Achtes Buch UraniaEinleitung in das achte Buch.Nachdem mit der Erzählung der Vorfälle bei den Thermopylen, wodurch dem Landheer der Perser der Eintritt in das eigentliche Hellas geöffnet war, das vorhergehende siebente Buch seinen Abschluß erhalten hatte, wendet sich die Erzählung dieses achten Buches dem zu, was zwischen den beiden streitenden Theilen zur See inzwischen vorgefallen war, und führt die Darstellung der hier einschlägigen Ereignisse bis zu dem Punkt, wo dieselben durch die Schlacht bei Salamis einen natürlichen Abschluß erhalten, insofern dadurch der Entschluß des Königs hervorgerufen wird, selbst mit einem Theile seines Heeres, so wie mit der Flotte nach Asien zurückzukehren und die Fortsetzung des Krieges zu Lande, im nächsten Jahre, dem Mardonius mit einem zu diesem Zweck zurückgelassenen, auserwählten Heere zu überlassen. Auf diese Weise knüpft die Darstellung dieses Buches zunächst an an die im siebenten Buch, Kap. 175 enthaltene Angabe von der hellenischen Flotte. die bei Artemisium sich versammeln sollte, während das Landheer in der Nähe bei den Thermopylen die Perser abwehren sollte, und darum beginnt auch der Anfang des Buches mit der genauen Aufzählung der einzelnen Bestandtheile der hellenischen Flotte. Daran schließt sich dann die Erzählung der einzeln wiederholten, aber für den Gang des Ganzen doch nicht entscheidenden Seekämpfe der Hellenen und Perser bei Artemisium und Euböa, wiewohl in diesen Kämpfen die Hellenen meist im Vortheil sind und die Perser namhafte Verluste erleiden, bis die Hellenen in Folge der Niederlage bei den Thermopylen und des von Xerxes erzwungenen Durchgangs ihre Stellung verlassen und sich in die Nähe von Athen, bei Salamis, mit der Flotte zurückziehen, während das persische Landheer inzwischen seinen Marsch durch Böotien fortsetzt, in Attika eindringt, und unter Verheerung des Landes die verlassene Stadt Athen besetzt und die Burg, nach tapferer Gegenwehr der kleinen Schaar der Vertheidiger, einnimmt. Den Mittelpunkt dieses Buches bildet nun die Erzählung des entscheidenden Kampfes zur See bei Salamis (Kap. 67 — 96) sammt den dem Kampfe selbst vorausgehenden Vorfällen, durch welche es dem Themistokles gelang, die Hellenen zusammenzuhalten und einen Kampf herbeizuführen, so wie den weiteren Folgen der Schlacht, die Flucht der Persischen Flotte, die Rückkehr des Königs der Perser nach Asien, während Mardonius mit dreimal hundert tausend Mann Kerntruppen, die er sich aus dem ganzen Heere ausgewählt, zurückbleibt. um im nächsten Jahre die Eroberung von Hellas zu vollenden, da die schon vorgerückte Jahreszeit nicht mehr erlaubte, noch in demselben Jahr den Feldzug zu unternehmen, dessen Darstellung dann dem nächsten und letzten Buche vorbehalten ist. So bildet die in diesem achten Buch gegebene Darstellung ein gewissermaßen in sich abgeschlossenes Ganzes, welches in der Erzählung von den Seekämpfen bei Artemisium und insbesondere von der Schlacht bei Salamis seinen Mittelpunkt gefunden hat, um welchen alles Uebrige sich gruppirt, was sonst noch erzählt wird und mit dem hauptgegenstände der Erzählung in näherer oder fernerer Beziehung oder Verbindung steht. Auch fehlt es hier eben so wenig, wie in den andern Theilen der Herodoteischen Geschichte, an einzelnen erklärenden, erörternden Bemerkungen, die mit dem Hauptgegenstände der Erzählung in keiner näheren Berührung stehen, wohl aber zur näheren Belehrung des Lesers dienen, wie z. B. über die Bevölkerung des Peloponnes und deren Herkunft (73), oder über die persische Posteinrichtung mittelst reitender Boten (98), oder über die Abstammung des Macedonischen Königshauses (Kap. 137 ff.) u. dgl. m.; und eben dahin wird man auch diejenigen Episoden rechnen können, welche zwar keinen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Hauptgegenstand der Erzählung haben, aber durch andere Rücksichten hervorgerufen sind, welche mit dem Wesen und der Grundtendenz der Herodoteischen Geschichtschreibung in Verbindung stehen, wie z. B. die Episode von der Rache, welche Hermotimus, der Eunuche, an Panionius, der ihn dazu gemacht hatte, nimmt (Kap. 105. 106), und Anderes der Art, was auf die Ansicht des Geschichtschreibers von der in den Begebnissen und Ereignissen der Menschen sich kundgebenden göttlichen Gerechtigkeit hinweist: diese Ansicht, die den Grundton der Herodoteischen Geschichtschreibung bildet und wie ein rother Faden sich durch alles Einzelne hindurchzieht, schimmert auch in der Darstellung dessen, was die Haupterzählung dieses Buches bildet, überall hindurch, insofern das Beginnen der Perser als ein frevelhaftes überall erscheint, und die Verluste, die sie erleiden, als die verdiente Strafe der Gottheit uns entgegentreten, welche den Uebermüthigen züchtigt und dem Gerechten, aber Schwachen, Kraft und Sieg verleiht. Daher der wunderbare Schutz des Delphischen Heiligthums und die Vernichtung der dasselbe bedrohenden Perser (36-39); das Wunder mit dem Oelbaum auf der Burg (55), die der Schlacht bei Salamis vorhergehenden Wunderzeichen (64-65), so wie selbst die Weissagungen, wider welche der fromme Sinn des Dichters sich nicht erheben will (77 vgl. 96), desgleichen der Unter gang der Perser im Meere bei der Belagerung von Potidäa, in Folge ihres Frevels an dem Tempel des Poseidon (129). Neben dieser, wie bemerkt, in dem ganzen Wesen des Herodotus vorherrschenden Tendenz werden wir aber auch in diesem Buche durchgehends die Beweise der strengsten Erforschung des Thatsächlichen und des eifrigsten Bemühens, überall das Wahre und Richtige mitzutheilen, wahrnehmen, und den Geschichtschreiber von jedem Vorwurf irgend einer Parteilichkeit, in welchem Sinne und in welcher Richtung auch immer, frei sprechen müssen. Namentlich bewährt sich dieß Streben nach der Wahrheit und Treue seiner Berichte da, wo ihm verschiedene Angaben vorlagen, wie z. B. in dem, was über die Theilnahme des Adimantus und der Korinther an der Schlacht bei Salamis dem Geschichtschreiber zukam, aber von ihm aus gutem Grunde nicht angenommen ward (Kap. 94 ff oder eben so in dem, was über die Flucht des Xerxes und dessen Rückkehr nach Asien erzählt ward. aber eben so wenig die Anerkennung des Geschichtschreibers findet (118 ff.). Und eben so wenig wird man darin einen Beweis einer Parteilichkeit des Geschichtschreibers für Athen finden wollen. wenn er einfach die für die Athener sprechenden Thatsachen, ihre aufopfernde Hingebung im Kampfe mit den Persern, denen sie Stadt und Land preisgeben, nur um das ganze Hellas zu retten (40 ff.), ihre Nachgiebigkeit in Bezug auf den Oberbefehl (2. 3), ihr Verhalten bei den durch Alexander von Macedonien im Auftrage des Mardonius gestellten Anträgen (140-144), und die dem Alexander wie der Lacedämonischen Gesandtschaft gegebene Antwort (143. 144) anführt, wodurch zugleich die im siebenten Buch (138 ff weiter ausgeführte Behauptung des Geschichtschreibers, daß die Athener mit Recht die Retter von Hellas genannt werden könnten (VII, 139), eine volle und thatsächliche Bestätigung erhält. Und wenn er die Tapferkeit der Athener in der Schlacht bei Salamis schildert, so wird die Tapferkeit der Aegineten mit gleicher Anerkennung erwähnt (91. 92) und diesen sogar der erste Preis der Tapferkeit zuerkannt, den Athenern der zweite (93). Auch daraus mag entnommen werden, wie von irgend einer Parteilichkeit zu Gunsten der Athener nicht die Rede sein kann, da, wo einfach das Thatsächliche erwähnt und nach Gebühr hervorgehoben wird. Inhalt des achten Buches.Erzählung der Vorfälle zur See (1-23). Zahl und Bestandtheile der bei Artemisium versammelten hellenischen Flotte unter Anführung des Lacedämoniers Eurybiades{(1-2),} dem die Athener freiwillig den Oberbefehl überlassen{(3).} Die Absicht der Hellenen, sich zurückzuziehen, vereitelt durch die Euböer, welche, um die Flotte in ihrer Nähe zu behalten, den Themistokles bestechen{(4),} dem es auch gelingt, die Hellenen zum Bleiben zu bewegen{(5).} Die Perser beabsichtigen einen Angriff auf die hellenische Flotte{(6)} und schicken eine Abtheilung ihrer Flotte ab, um Euböa zu umschiffen und den Hellenen in den Rücken zu kommen{(7).} Die Hellenen erhalten durch den Taucher Scyllias davon Nachricht{(8);} sie fuhren den Persern entgegen zum Kampf{(9),} die gleichfalls ihnen entgegenschiffen{(10):} es erfolgt ein unentschiedener Kampf; mit eintretender Nacht kehren die Perser nach Aphetä, die Hellenen nach Artemisium zurück{(11).} Ein gewaltiger Sturm in der Nacht, zum Nachtheil der persischen Schiffe{(12),} insbesondere der zur Umschiffung Euböa's abgeschickten{(13);} Verstärkung der hellenischen Flotte durch drei und fünfzig Attische Schiffe; ein glücklicher Angriff auf die Cilicischen Schiffe{(14).} Erneuerter Seekampf der Hellenen und Perser, mit großen Verlusten auf beiden Seiten, aber unentschiedenem Ausgang{(15-17);} daher die Absicht der Hellenen, die Stellung bei Artemisium zu verlassen{(18);} der Rath des Themistokles, sich der Heerden Euböa'g zu bemächtigen{(19),} dessen Einwohner die Weissagung des Bakig nicht beachtet hatten{(20).} Auf die Nachricht von der Niederlage bei den Thermopylen erfolgt unverweilt der Abzug der hellenischen Flotte{(21);} des Themistokles Versuch, die Ionier dem Perserkönig abwendig zu machen{(22).} Die Flotte der Perser Schifft nach Artemisium, besetzt Histiäa und verheert einen Theil von Euböa{(23).} Verhalten des persischen Landheeres nach der Schlacht bei den Thermopylen{(24-39).} Xerxes läßt seine Seeleute das Kampffeld betrachten, von welchem seine Todten entfernt sind (24.25), während die Hellenen die Olympischen Spiele feiern{(26).} Die Thessalier führen den König nach Bewältigung der Thermopylen weiter aus Haß gegen die Phoker{(27.28),} welche ihren Antrag abgelehnt hatten{(29.30).} Zug des persischen Heeres durch Doris{(31)} und von da nach Phokis, dessen Bewohner flüchten, während die Perser das Land verheeren und Tempel und Städte plündern und verbrennen{(32.33).} Xerxes mit dem einen Theile des Heeres rückt in Böotien ein{(34):} der andere Theil wendet sich nach Delphi{(35),} dessen Bewohner flüchten{(36),} während das dortige Heiligthum wunderbar gerettet wird{(37)} und die Perser sich zurückziehen müssen{(38),} vertrieben von den beiden Delphischen Landesheroen{(39).} Die griechische Flotte eilt von Artemisium nach der Insel Sulamis{(40).} Die Athener verlassen ihre Stadt und flüchten sich nach Trözen, Aegina und Salamis{(41).} Auch der übrigen Hellenen Schiffe kommen nach Salamis, wo Eurybiades ebenfalls den Oberbefehl führt{(42).} Aufzählung der einzelnen Bestandtheile der Flotte, nach den einzelnen Staaten{(43-48)} mit Angaben über einzelne Volksstämme, insbesondere Athen (44): Gesammtzahl der Flotte{(48).} Berathung der Führer der Flotte, welche nach dem Isthmus sich zurückziehen wollen{(49).} Inzwischen erfolgt des Xerxes Einzug in Attika, und die Verheerung des Landes, nachdem auch Thegpiä und Platää in Brand gesteckt sind{(50):} Zeit des Einzugs und Einnahme der verlassenen Stadt, mit Ausnahme der Burg{(51);} Belagerung und Einnahme derselben{(52.53).} Die mit dem König zurückgekehrten Athenischen Verbannten opfern auf der Burg{(54):} das bedeutsame Wunder in dem Tempel des Erechtheus{(55).} Entschluss der Hellenen mit der Flotte von Salamis nach dem Isthmus zu fahren{(56),} hintertrieben durch Themistokles, nach einem heftigen Streit mit Adimantus{(57-62),} so daß Eurybiades zu bleiben sich entschließt{(63).} Günstige Wunderzeichen für die Hellenen, ein Erdbeben{(64} Herbeirufung der Aeaciden), der mystische Jakchusgesang{(65).} Ankunft der persischen Flotte bei Phalerum; Verstärkungen der persischen Macht durch die Contingente der inzwischen unterworfenen Völkerschaften{(66).} Berathung des Xerxes mit den Führern der Flotte, welche zum Angriff rathen, während Artemisia abrathet{(67.68);} Xerxes entscheidet sich für eine Schlacht{(69).} Vorrücken der persischen Flotte nach Salamis zu, und Besorgniß der Hellenen{(70);} Aufbruch des persischen Landheeres gegen den Peloponnes, dessen Eingang über den Isthmus die Peloponnesier verschanzen{(71);} Angabe der hier versammelten Völker aus dem Peloponnes{(72);} die verschiedenen den Peloponnes bewohnenden Stämme{(73).} Verlangen der bei der Flotte zu Salamis befindlichen Peloponnesier, nach dem Isthmus zurückzukehren, welchem Athener, Aegineten und Megarer sich widersetzen{(74);} Themistokles läßt durch Sicinnus die Perser von der Absicht der Peloponnesier benachrichtigen{(75),} worauf die Perser die Insel Psyttalia besetzen und Salamis umzingeln{(76);} die auf die kommende Schlacht bezüglichen Weissagungen des Bakis{(77).} Streit der hellenischen Feldherren bei Salamis unter einander{(78),} bis Aristides sie von ihrer Umzingelung benachrichtigt{(79—81} welche durch ein Schiff der Tenier bestätigt wird{(82).} Rüstungen der Hellenen zur Seeschlacht und Ansprache des Themistokles{(83).} Anfang der Schlacht{(84).} Kampf der Athener mit den Phöniciern und der Lacedämonier mit den Ioniern{(85).} Niederlage der Perser, hauptsächlich durch Athener und Aegineten herbeigeführt{(86);} die That der Artemisia{(87)} und die Anerkennung derselben durch Xerxes{(88).} Die großen Verluste der Perser{(89).} Die Beschwerde der Phönicier über die Ionier, zu Gunsten der Ionier erledigt{(90);} die Thaten der Aegineten{(91.92).} Die Flucht des Restes der persischen Flotte nach Phalerum; die Ehre des Kampfpreises fällt den Aegineten zu{(93).} Die Angabe der Athener über das Verhalten der Korinthier und ihres Feldherrn Adimantus{(94).} Aristides besetzt Psyttalia und haut die dort aufgestellten Perser zusammen{(95).} Die Trümmer der persischen Schiffe treiben nach Kolias, zur Erfüllung einer Weissagung{(96).} Xerxes faßt im Geheimen den Entschluß, nach Persien zurückzukehren; Sendung von Boten dahin{(97).} Einrichtung dieses persischen Botendienstes{(98).} Anfängliche Freude und späterer Jammer zu Susa{(99).} Vorschlag des Mardonius, der selbst zurückbleiben will, dem König aber zur Abreise räth{(100);} der auf das Gleiche hinauslaufende Rath der Artemisia{(101.102);} Xerxes schickt seine Söhne mit der Artemisia und Hermotimns nach Ephesus zurück{(103),} welcher, aus Pedasa gebürtig,{(104)} an Panionius, der ihn zum Eunuchen gemacht hatte, eine grausame Rache nimmt{(105.106).} Schnelle Rückfahrt der persischen Flotte nach dem Hellespont{(107);} Verfolgung durch die hellenische Flotte bis Andrus, und Berathung daselbst{(108);} des Themistokles Rath an die Athener, von der weiteren Verfolgung abzustehen: sein geheimer Verkehr durch Sicinnus mit dem Perser, um sich bei diesem in Gunst für die Zukunft zu setzen{(109.110).} Belagerung von Andrus wegen der Weigerung, die geforderte Contribution zu bezahlen{(111),} welche von Paros und Carystus auf Euböa und von andern Inseln eingetrieben wird{(112).} Das Landheer des Xerxes kehrt mit diesem nach Böotien zurück, wo Mardonius mit dem ausgewählten und zurückbleibenden Heere überwintern will{(113);} Sendung der Spartaner an Xerxes und Antwort desselben{(114);} Rückzug des terres mit dem übrigen Theile des Heeres, welches durch Hunger und Krankheit große Verluste erleidet; der Verlust des heiligen Wagens{(115).} Grausame Bestrafung der Söhne des Königs der Bisalter, welche mit Xerxes gezogen waren, durch ihren Vater{(116).} Die Reste des persischen Heeres setzen bei Abydus, wo sie die Brücke zerstört fanden, über den Hellespont und kommen mit Xerxes nach Sardes{(117).} Andere Angaben über die Rückkehr des Xerxes{(118),} jedoch minder glaubwürdig{(119);} des Xerxes Aufenthalt zu Abdera{(120).} Rückkehr der hellenischen Flotte, nach Aufhebung der Belagerung von Andrus, nach Salamis, Widmung der Erstlinge der Beute an die Götter und Vertheilung der übrigen Beute{(121);} Weihgeschenke der Aegineten nach Delphi{(122).} Berathung der Feldherren auf dem Isthmus über die Kampfpreise: den zweiten Preis erhält Themistokles{(123;} die demselben zu Sparta erwiesenen Ehren{(124),} und die ihm darüber zu Athen durch Timodemus gemachten Vorwürfe{(125).} Artabazus, der den König der Perser bis an den Hellespont geleitet hatte, kehrt mit seinem Heere wieder zurück zu Mardonius und sucht auf diesem Wege die abgefallenen Potidäaten zu strafen{(126);} er belagert Olynthus, erobert es und übergibt es den Chalcideern{(127).} Belagerung von Potidäa und Verrath des Timoxenus{(128);} Aufhebung der Belagerung und Rückkehr nach Thessalien zu Mardonius{(129).} Die persische Flotte, die bei Cumä und Samus überwintert hatte, sammelt sich mit Anbruch des Frühlings bei Samus zum Schutze Joniens{(130).} Auch die hellenische Flotte versammelt sich nach Aegina, unter dem Oberbefehl des Spartaners Leutychidas; dessen Stammliste{(131).} In Folge des Eintreffens Ionischer Abgesandten setzt sich die Flotte zur Befreiung Joniens in Bewegung, kommt aber nur bis Delus, wo sie aus Furcht vor der Macht der Perser wieder umkehrt{(132).} Mardonius, in Thessalien überwinternd, läßt die verschiedenen hellenischen Orakel befragen durch den Karier Mys{(133-135);} das Wunder bei dem Heiligthum des Ptoischen Apollo (135). Mardonius sendet den Alexander, König von Macedonien, nach Athen mit Friedensvorschlägen{(136);} Abstammung des Alexander von Perditkas, einem aus Argos vertriebenen Temeniden (Herakliden), welcher zur Herrschaft Macedoniens gelangt{(137.138);} die Gärten des midas und der gefangene Silenus (138); Stammliste von Perditkas bis Alexander{(139).} Vortrag des Alexander an die Athener, um sie zu einer Uebereinkunft mit den Persern zu bewegen{(140):} Vortrag der Spartanischen Abgesandten, welche dieß zu verhindern suchen{(141.142):} Antwort der Athener au Alexander{(143)} und an die Spartaner{(144).} Achtes Buch. Urania.1.-2 Von den Hellenen[*] ) waren die Folgenden dem Seeheere zugetheilt : die Athener, welche hundert sieben und zwanzig Schiffe[**] ) stellten, an deren Bemannung[***] ) die Platäer sich aus Tapferkeit und Eifer zugleich mit den Athenern betheiligten, wiewohl sie im Seewesen unerfahren waren; die Korinther stellten vierzig Schiffe[†] ), die Megarenser zwanzig, auch die Chalcidenser bemannten zwanzig, welche die Athener ihnen stellten, die Aegineten achtzehn, die Sicyonier zwölf, die Lacedämonier zehn, die Epidaurier acht, die Eretrier sieben[*] ), die Trözenier fünf, die Styreer zwei, die Keer[**] ) zwei Schiffe und zwei Pentekoren[***] ); mit fünf Pentekoren kamen die Opuntischen Lokrer[†] ) zum Beistand. Das waren also diejenigen, welche nach Artemisium[††] ) in den Streit zogen; auch ist von mir angegeben, wie viele Schiffe Jegliche stellten, und belief sich die Zahl der Schiffe, welche nach Artemisium sich versammelt hatten, auf zweihundert ein und siebenzig, außer den Pentekoren. Denjenigen Feldherrn, welcher die höchste Gewalt hatte, stellten die Spartaner, nämlich den Eurybiades, den Sohn des Euryklides denn die Verbündeten erklärten, sie würden, wenn der Lakonier nicht den Oberbefehl erhalte, der Führung der Athener nicht folgen, sondern das Heer, das sich eben bilden solle, auflösen. 3. Es war nämlich am Anfang die Rede gewesen, noch ehe man Gesandte nach Sicilien um Beistand schickte[*] ), man müsse die Seemacht den Athenern anvertrauen; als dem aber die Verbündeten entgegentraten, gaben die Athener nach, weil sie die Erhaltung Griechenlands hoch anschlugen und der Ueberzeugung waren, daß, wenn sie mit einander über die Führung sich entzweien würden, dann Griechenland zu Grunde gehen werde, was eine ganz richtige Ansicht[**] ) war. Denn Zwietracht im Innern ist schlimmer als ein einträchtiger Krieg, noch mehr, als ein Krieg schlimmer ist wie Friede[***] ). Weil sie nun eben dieß einsahen, so widersetzten sie sich nicht, sondern gaben nach, so lange Zeit als sie jener sehr bedurften, wie sie dieß nachher bewiesen. Denn in der That, nachdem sie den Perser zurückgedrängt und nun um das Land desselben den Kampf begannen, entrissen sie, indem sie den Uebermuth des Pausanias zum Vorwand nahmen, den Lacedämoniern die oberste Führung. Aber dieß geschah jedoch erst später[†] ). 4. Damals aber wurden auch diejenigen Hellenen, welche nach Artemisium gekommen waren, von Furcht erfüllt, als sie viele Schiffe bei Aphetä[††] ) vor Anker liegen sahen und Alles voll von Heeresmacht, und da nun wider ihr Erwarten die Lage der Barbaren eine ganz andere war, als sie glaubten, dachten sie daran, von Artemisium weiter nach innen von Hellas zu entweichen. Als aber die Euböer merkten, daß sie damit umgingen, baten sie den Eurybiades, auf kurze Zeit noch zu bleiben, bis sie ihre Kinder und ihre Dienerschaft in Sicherheit von da weggebracht hätten; und da sie diesen nicht dazu vermochten, wendeten sie sich an Themistokles, den Feldherrn der Athener, und bewogen ihn um einen Lohn von dreißig Talenten[*] ) dazu, daß die Hellenen bleiben und vor Euböa eine Seeschlacht liefern würden. 5. Themistones aber brachte die Hellenen auf folgende Weise dahin, Stand zu halten. Dem Eurybiades theilte er von diesen Geldern fünf Talente[**] ) mit und that, wie wenn er sie aus seinem eigenen Vermögen ihm gäbe; darauf, als dieser von ihm überredet worden war, wendete er sich an Adimantus, den Sohn des Ocytus, den Feldherrn der Korinther, weil dieser allein von den Uebrigen sich sträubte und erklärt hatte, er werde von Artemisium abfahren und nicht bleiben. Diesen nun beschwor er mit folgenden Worten; du wirst uns doch wohl nicht verlassen, da ich dir größere Geschenke zusenden werde, als der König der Meder dir schicken würde, wenn du die Verbündeten verließest. Und so wie er dieß zu ihm sagte, schickte er auf das Schiff des Adimantus drei Talente Silbers[***] ). So wurden nun diese in Folge der Bestechung mittelst dieser Gelder überredet und es War damit auch den Euböern ein Gefallen erwiesen, während Themistokles selbst einen Gewinn machte, indem erdas Uebrige[†] ) im Stillen behielt; es meinten aber die, welche von diesen Geldern ihren Theil bekommen hatten, das Geld wäre zu diesem Zweck von Athen gekommen, 6. Auf diese Weise blieben sie nun bei Euböa und lieferten die Seeschlacht. Es geschah dieß aber also: als die Barbaren gegen die Abendzeit nach Aphetä gekommen waren und nun selbst sahen, was sie auch vorher schon vernommen hatten, daß um Artemisium nur wenige hellenische Schiffe lagen, so waren sie voll Eifer zu einem Angriff, um diese, wo möglich, wegzunehmen: geradezu nun auf dieselben loszugehen, war jedoch nicht ihre Meinung um deßwillen, weil sie fürchteten, es möchten die Hellenen, wenn sie sie heranfahren sähen, die Flucht ergreifen und die Nacht ihre Flucht decken: so würden sie dann freilich entrinnen: es sollte aber nach ihrem Vorhaben auch nicht ein Feuerträger auf der Flucht davon kommen[*] ) 7. Demgemäß nun ersannen sie folgenden Anschlag: sie lasen aus der Gesammtzahl der Schiffe zweihundert aus und schickten sie von außen um Sciathus[**] ) herum, damit sie auf ihrer Umfahrt um Euböa nicht von den Feinden erblickt würden, bei Kapharea[***] ) und Gerästus nach dem Euripus[†] ), in der Absicht nämlich, die Hellenen einzuschließen, insofern der eine Theil dort angekommen den Rückweg derselben versperre, während sie von der entgegengesetzten Seite heranrückten. In Folge dieses Entschlusses schickten sie die dazu bestimmten Schiffe ab, indem sie selbst nicht im Sinne hatten, an diesem Tage einen Angriff auf die Hellenen zu machen, und auch nicht früher dieß zu thun entschlossen waren, als bis das Zeichen von denen, die herumschifften, sichtbar geworden, daß sie wirklich angekommen wären. So sendeten sie diese Schiffe ab und veranstalteten dann eine Zählung der übrigen Schiffe zu Aphetä. 8. Während der Zeit nun, in der sie die Zählung der Schiffe veranstalteten, trug sich Folgendes zu: in ihrem Heere befand sich nämlich Scyllias aus Scione[††] ), der beste Taucher[†††] ) unter den damals Lebenden, welcher auch bei dem Schiffbruch, welcher am Pelion stattgefunden hatte[*] ), den Persern viele Schätze gerettet, Vieles aber auch sich selbst angeeignet hatte. Dieser Scyllias hatte allerdings schon trüber die Absicht, zu den Hellenen überzugehen, allein es war ihm dazu keine solche Gelegenheit gewesen, wie damals. Auf welche Weise er nun von dort aus zu den Hellenen kam, vermag ich nicht mit Gewißheit anzugeben; ich wundere mich aber, wenn das, was darüber erzählt wird, wahr ist. Man erzählt nämlich, er wäre von Aphetä aus, wo er in das Meer tauchte, nicht eher zum Vorschein gekommen, als bis er nach Artemisium gelangt war, nachdem er einen Weg durch das Meer von etwa achtzig Stadien[**] ) gemacht hatte. Man erzählt nun von diesem Manne auch noch Anderes, was wie eine Lüge aussieht, Einiges davon ist aber wahr. Ich muß indessen meine Meinung darüber dahin aussprechen, daß er auf einem Fahrzeug nach Artemisium gekommen ist; sowie er aber angekommen war, machte er sogleich den Feldherren die Anzeige, wie es mit dem Schiffbruch ergangen, und eben 'so von den Schiffen, welche um Euböa herum geschickt seien. 9. Als die Hellenen dieß gehört hatten, pflogen sie sofort Rath mit einander; es siegte aber unter dem Vielen, was vorgebracht wurde, die Ansicht, an jenem Tage dort zu bleiben und die Nacht zuzubringen, alsdann nach Ablauf der Mitternacht abzuziehen entgegen den Schiffen, welche um Euböa herumschifften. Hernach aber, da Niemand ihnen entgegen schiffte, und sie bis zum späten Abend des Tages gewartet hatten, fuhren sie selbst den Barbaren entgegen, weil sie im Kampf versuchen wollten und im Durchbrechen der Linien[***] ). 10. Als aber die übrigen Soldaten des Xerxes, so wie die Feldherren, sie heranschiffen sahen mit wenigen Schiffen, hielten sie dieß für eine große Tollheit und stachen selbst mit ihren Schiffen in die See, weil sie hofften, sie würden dieselben leicht wegnehmen, und war diese Hoffnung eine sehr begründete, wie sie die wenigen Schiffe der Hellenen erblickten, und eben so die ihrigen, die an Zahl bei weitem überlegen waren und besser segelten. In dieser Meinung suchten sie dieselben rings herum ein Alle die Ionier nun, so viele deren wohl gesinnt waren für die Hellenen und wider ihren Willen den Feldzug mitmachten, waren sehr bekümmert, wie sie sahen, daß dieselben eingeschlossen würden, und glaubten fest, es werde keiner von denselben zurückkehren: so schwach schien ihnen die Macht der Hellenen zu sein. Diejenigen aber, welche an dem, was vor sich ging, sogar Gefallen hatten, wetteiferten mit einander, wer von ihnen zuerst ein Attisches Schiff wegnehmen und von dem König Geschenke erhalten würde; denn im Lager (der Perser) machten sie am meisten Aufhebens von den Athenern. 11. Die Hellenen stellten sich, als das Zeichen gegeben war, zuerst mit den Schiffsschnäbeln gegenüber den Barbaren auf und drängten die Hintertheile der Schiffe nach der Mitte zusammen, hernach aber, auf das zweite Zeichen, schritten sie zum Kampf, obwohl sie in einem engen Raum sich befanden, und zwar von vornen. Da nahmen sie dreißig Schiffe der Barbaren, so wie den Bruder des Gorgus, des Königs der Salaminier, den Philaon, des Chersis Sohn[*] ), welcher ein Mann von Ansehen im Heer war. Der erste unter den Hellenen, welcher ein Schiff der Feinde wegnahm, ,war ein Athener, Lycomedes, des Aischreas Sohn, und dieser empfing auch den Kampfpreis. Die andern aber, welche in dieser Seeschlacht unentschieden mit einander kämpften, trennte die herankommende Nacht von einander. Die Hellenen schifften nach Artemisium zurück, die Barbaren nach Aphetä, nachdem der Kampf ganz wider Erwarten ausgefallen war. In dieser Seeschlacht war Antidorus aus Lemnus der einzige unter den mit dem König ziehenden Hellenen, welcher zu den Hellenen überging, und verliehen ihm wegen dieser That die Athener ein Stück Land auf Salamis. 12. Als es aber Nacht geworden war, erfolgte — es war nämlich die Zeit mitten im Sommer — ein gewaltiger Regenguß die ganze Nacht hindurch und kamen furchtbare Donnerschläge vom Pelion her; die Leichname aber und die Schiffstrümmer wurden nach Aphetä hin getrieben, drängten sich hier um die Schnäbel der Schiffe und brachten die flachen Enden der Ruder in Verwirrung. Die dort befindlichen Soldaten geriethen, wie sie dieß vernahmen, in Furcht, weil sie meinten, sie würden allerdings zu Grunde gehen in der Noth, in die sie gerathen waren. Denn noch ehe sie sich nur Etwas erholt hatten von dem Schiffbruch und dem Sturm, welcher bei dem Pelion gewesen war. waren sie in eine schwere Seeschlacht gekommen und auf diese Seeschlacht war ein heftiger Regenguß und gewaltige Strömungen, die ins Meer sich ergoßen, mit furchtbaren Donnerschlägen gefolgt. Eine solche Nacht hatten Dieselben. 13. Für diejenigen von ihnen aber, welche befehligt waren, Euböa zu umschiffen, war eben diese Nacht noch viel schrecklicher, um so mehr, als sie auf offener See von derselben überfallen wurden. Und ihr Ende ward ein trauriges. Denn da der Sturm und Regen sie auf ihrer Fahrt überfiel, als sie bei den Höhlungen von Euböa[*] ) sich befanden, so scheiterten sie, getrieben von dem Wind und ohne zu wissen, wohin sie getrieben wurden, an den Felsen. Und Alles dieß ward bewirkt von der Gottheit, auf daß die persische Macht gleich gemacht würde der hellenischen und nicht um Vieles überlegen wäre[**] ). Diese gingen nun zu Grunde bei den Höhlungen von Euböa. 14. Die Barbaren zu Aphetä aber, als zu ihrer Freude der Tag angebrochen war, hielten ihre Schiffe ruhig, und waren in ihrer schlimmen Lage zufrieden, jetzt ruhig bleiben zu können. Dagegen kamen den Hellenen drei und fünfzig Attische Schiffe zum Beistand; die Ankunft der Schiffe hob ihren Muth eben so sehr, als die zugleich eingetroffene Nachricht, daß die Barbaren bei ihrer Umschiffung um Euböa sämmtlich durch den eingetretenen Sturm zu Grunde gegangen seien, Sie warteten um dieselbe Zeit wieder zur Abfahrt und stürzten sich dann auf die Cilicischen Schiffe[*] ), und nachdem sie diess vernichtet hatten, fuhren sie, da es Nacht geworden war, wieder zurück nach Artemisium. 15.-16 Am dritten Tage aber, da die Feldherren der Barbaren ärgerlich waren, daß so wenige Schiffe ihnen solchen Schaden zugefügt, und da sie vor dem Zorn des Xerxes sich fürchteten, warteten sie nicht ab, daß die Hellenen den Kampf anfingen, sondern nachdem sie sich einander aufgemuntert, fuhren sie mit ihren Schiffen um die Mitte des Tages in die See. Es traf sich aber, daß diese Kämpfe zur See an denselben Tagen wie die Kämpfe zu Land bei den Thermopylen vorfielen. Es drehte sich aber der ganze Kampf denen zur See um den Euripus, so wie der Schaar des Leonidas um die Bewachung des Engpasses: die einen nun redeten sich zu, daß sie die Barbaren nicht nach Hellas einlassen; die andern, daß sie das Hellenische Heer vernichteten und des Durchgangs sich bemächtigten[**] ). Als nun die Leute des Xerxes sich aufgestellt hatten und heranschifften, blieben die Hellenen ruhig bei Artemisium; die Barbaren aber, nachdem sie mit ihren Schiffen den Kreis eines halben Mondes gemacht, suchten Jene zu umschließen, um sie dann zu fangen. Da schifften die Hellenen ihnen entgegen und träten in den Kampf. In dieser Seeschlacht kamen sie einander gleich; denn das Heer des Xerxes war durch sich selbst im Nachtheil wegen seiner Größe und Menge, indem die Schiffe in Verwirrung geriethen und an einander stießen: dem ungeachtet leistete es Widerstand und wich nicht; denn es kam den Leuten doch gar zu arg vor, von wenigen Schiffen sich in die Flucht treiben zu lassen. Es gingen nun von den Hellenen viele Schiffe zu Grunde und viele Männer, von den Barbaren aber noch mehr Schiffe und Männer. Nachdem sie also gestritten, trennten sich beide Theile von einander. In der Seeschlacht zeichneten sich unter den Soldaten des Xerxes am meisten die Aegyptier[*] ) aus, welche nicht nur andere große Thaten vollbrachten, sondern auch fünf hellenische Schiffe mitsammt der Mannschaft wegnahmen; unter den Hellenen hatten an diesem Tage die Athener sich am tapfersten gehalten, und unter den Athenern Klinias[**] ), des Alcibiades Sohn, welcher mit zweihundert Mann[***] ) und einem eigenen Schiff in den Krieg gezogen war, deren Aufwand er aus eigenen Mitteln bestritt. 18. Nachdem sie sich von einander getrennt hatten, eilten beide freude zu ihrem Lagerplatz. Die Hellenen waren, als sie aus der Seeschlacht sich entfernt und zurückgegangen waren, zwar im Besitz der Leichname und der Schiffstrümmer, aber sie waren schlimm zugerichtet, zumal die Athener, von deren Schiffen die Hälfte beschädigt war, und so gedachten sie nun zu entweichen weiter hinein nach Hellas. 19. Themistokles aber bedachte, daß, wenn von dem Heere des Barbaren der Jonische und Karische Stamm losgerissen würde, sie dann im Stande wären, die Uebrigen zu bewältigen; daher versammelte er, während die Euböer ihr Kleinvieh an das Meer Sieben, dort die Feldherren und erklärte ihnen, wie er glaube ein Mittel zu besitzen, durch welches er hoffe, die Tüchtigsten unter den Verbündeten des Königs zum Abfall bringen. Nur so weit ging seine Eröffnung darüber: unter den obwaltenden Umständen aber, erklärte er, hätten sie Folgendes zu thun: von dem Euböischen Kleinvieh müßten sie abschlachten, so viel ein Jeder nur wolle, denn es sei besser, daß das Heer im Besitz desselben sich befinde, als die Feinde; sodann ertheilte er ihnen den Rath, ein Jeder solle seinen Leuten aufgeben, ein Feuer anzuzünden; hinsichtlich des Rückzugs werde er sich die rechte Zeit angelegen sein lassen, so daß sie ohne Schaden nach Hellas gelangten. Sie beschlossen darauf dieß zu thun, und alsbald zündeten sie ein Feuer an und griffen dann zu dem Kleinvieh. 20. Die Euböa nämlich hatten die Weissagung des Bakis[*] ), als eine nichts sagende, verschmäht und daher weder irgend Etwas auswärts in Sicherheit gebracht, noch sich vorher mit dem Nöthigen versehen, in der Aussicht eines über sie kommenden Kriegs, sondern sich selbst in diese schlimme Lage gebracht. Die Weissagung des Bakis darüber lautet nämlich folgendermaßen:
Da sie aber diese Worte gar nicht beachtet hatten sowohl in der damals gegenwärtigen, als in der noch zu erwartenden Noth, mußte es dahin kommen, daß sie in das größte Unglück geriethen. 21. Während sie nun dieß thaten, erschien der Späher von Trachis: es befand sich nämlich bei Artemisium ein Späher, Polyas, einer Herkunft nach aus Anticyra[†] ), welchem anbefohlen worden war (und er hatte ein leichtes Fahrzeug dazu in Bereitschaft), wenn das Seeheer unterliegen würde, es denen, die bei den Thermopylen standen, zu melden; eben so stand auch Abronychus, des Lysikles Sohn, ein Athener, bei dem Leonidas in Bereitschaft, denen, die bei Artemisium lagen, auf einem Dreißigruderer Nachricht zu geben, wenn dem Landheer etwas Schlimmes begegne. Dieser Abronychus nun, so wie er angekommen war, meldete ihnen, wie es dem Leonidas und seinem Heere ergangen sei. Als sie dieß vernommen hatten, wollten sie ihren Rückzug nicht länger mehr aufschieben, sondern zogen ab in der Ordnung, in der sie standen, zuerst die Korinthier, zuletzt die Athener. 22. Themistones aber wählte sich diejenigen Schiffe der Athener aus, welche am besten segelten, und begab sich zu den Stätten des Trinkwassers[*] ), wo er in den Stein eine Schrift einschreiben ließ, welche die Ionier, als sie am folgenden Tage nach Artemisium kamen, lasen. Diese Schrift lautete folgendermaßen: Ihr Ionier! Ihr thut Unrecht, wider eure Väter zu Felde zu ziehen und Hellas zu unterjochen! wohlan, tretet lieber auf unsere Seite! wenn es aber Euch nicht möglich ist, dieß zu thun, so tretet für uns auch noch jetzt aus dem Kampfe, und bittet die Karier, dasselbe zu thun, wie Ihr. Wenn aber keins von Beiden geschehen kann, sondern das Joch der Nothwendigkeit schwerer auf Euch lastet, als daß Ihr abfallen könnt, so zeigt Euch doch wenigstens in dem Kampfe, wenn wir zusammenkommen, lässig, eingedenk, daß Ihr von uns abstammt, und daß unsere Feindschaft mit dem Barbaren von Euch überhaupt ausgegangen ist. Dieses schrieb, wie ich glaube, Themistokles in doppelter Absicht, damit entweder die Schrift, wenn der König Nichts davon erführe, die Ionier zum Abfall brächte und zum Uebertritt auf ihre Seite, oder damit sie, wenn sie dem Xerxes hinterbracht und zur Verläumdung benutzt würde, den Ioniern das Vertrauen entzöge und sie von dem Seekampf ferne halte. 23. Das also ließ Themistones einschreiben. Zu den Barbaren aber kam sogleich hernach auf einem Fahrzeug ein Mann aus Histiäa[*] ), mit der Nachricht vock dem Entweichen der Hellenen aus Artemisium; weil sie es aber nicht glauben konnten, hielten sie den Boten in Verwahr, und schickten Schnellsegler ab, welche vorher es auskundschaften sollten. Als nun diese gemeldet hatten, wie es war, da fuhr mit den ersten Strahlen der aufgehenden Sonne die gesammte Flotte nach Artemisium. An diesem Orte blieben sie bis zu Mittag und schifften von da nach Histiäa. Als sie dort angekommen waren, besetzten sie die Stadt der Histiäer und verheerten alle die am Meere gelegenen Dörfer des Hellopischen Antheils und des Histiäotischen Landes. 24.-25 Während diese aber dort sich befanden, schickte Xerxes, nachdem er hinsichtlich der Todtenbestattung die nöthigen Vorkehrungen getroffen, einen Herold zu dem Seeheer. Die Vorkehrungen aber, die er getroffen, waren folgender Art: Von all den Leuten seines Heeres, welche bei den Thermopylen gefallen waren, es waren aber zwanzig tausend, von diesen ließ er etwa tausend liegen, die übrigen ließ er in Gräbern, die er hatte graben lassen, beerdigen, dann Laub darauf werfen und Erde aufschütten, damit sie nicht von dem Seeheer erblickt werden könnten. Als nun der Herold übergesetzt war nach Histiäa, ließ er das ganze Heer zusammenkommen und sprach also: Ihr Verbündete! der König Xerxes gestattet einem Jeden von Euch, der es will, seine Reihen zu verlassen, herüber zu kommen und anzusehen, wie er kämpft mit thörichten Menschen, welche des Königs Macht zu überwinden gehofft hatten. Nachdem er dieß verkündet hatte, gab es hernach einen wahren Mangel an Fahrzeugen: so Viele wollten es ansehen; und als sie hinüber gesetzt waren, sahen sie sich es an und durchzogen die Reihen der Todten; alle glaubten aber, die hier liegenden seien lauter Lacedämonier und Thespier, weil sie auch die Heloten erblickten. Indessen blieb es doch nicht denen, die herübergekommen waren, verborgen, was Xerxes mit den Todten seines Heeres angefangen hatte; denn es war auch in der That lächerlich: von diesen sah man tausend Leichname daliegen, alle die andern lagen zusammen an denselben Ort gebracht, vier Tausend. Diesen Tag nun verwendeten sie zu der Beschauung; am folgenden Tage kehrten die Einen zurück zu den Schiffen nach Histiäa, die Leute des Xerxes aber machten sich weiter auf den Weg. 26. Es waren aber zu ihnen als Ueberläufer einige wenige Männer aus Arkadien gekommen, welche des Unterhalts bedürftig waren und deßhalb Arbeit verlangten. Die Perser führten dieselben vor das Antlitz des Königs und befrugen sie hinsichtlich der Hellenen, was diese wohl machten. Es war aber Einer, welcher vor Allen mit dieser Frage sich an sie wendete. Sie aber erwiderten ihnen darauf, daß jene das Olympische Fest feierten und dem Kampfspiel zu Fuß und zu Pferd zusahen; worauf er frug, was denn der Kampfpreis sei, welcher ausgesetzt wäre, um den sie stritten; da nannten sie den Kranz von Oliven, welcher (dem Sieger) verliehen werde. Hier nun that Tritantaichmes *), des Artabanus Sohn, einen sehr edlen Ausspruch, der ihm aber von Seiten des Königs den Vorwurf der Feigheit zuzog. Als er nämlich vernahm, daß der Kampfpreis ein Kranz sei und keine Schätze, so vermochte er nicht länger zu schweigen, sondern sprach vor allen Folgendes: Wehe, Mardonius, gegen was für Männer hast du uns zum Kampfe geführt, die nicht um Schätze, sondern um den Preis der Tüchtigkeit mit einander streiten. Dieser nun hatte diesen Ausspruch gethan. 27.-28 In der Zwischenzeit, als die Niederlage bei den Thermopylen vorgefallen war, schickten sogleich die Thessalier einen Herold zu den Phokern, weil sie auf diese immer einen Groll hatten **), ganz besonders aber seit der letzten Niederlage. Es hatten nämlich die Thessalier selbst mit aller Macht sammt ihren Verbündeten einen Einfall in das Land der Phoker gemacht, nicht viele Jahre vor diesem Kriegszug des Königs, waren aber den Phokern unterlegen und übel zugerichtet worden. Denn wie die Phoker auf den Parnassus eingeschlossen[*] ) waren, da ersann der Eleer Tellias, den sie als Seher bei sich hatten, folgende List. Er ließ sechshundert der tapfersten Männer der Phoker weiß anstreichen, sie selbst und ihre Rüstung, und machte dann in der Nacht einen Angriff auf die Thessalier, nachdem er vorher den Befehl gegeben, wie sie einen sähen, der nicht weiß sei, diesen zu tödten. Als nun die ersten Wachen der Thessalier diese Männer erblickten, geriethen sie in Furcht, weil sie glaubten, es geschehe hier überhaupt irgend ein Wunderzeichen, und nach den Wachen auch das Heer selbst in der Weise, daß die Phoker viertausend Leichname und Schilde in ihre Gewalt bekamen, von welchen sie die eine Hälfte nach Aba[**] ) weiheten, die andere nach Delphi: von dem Zehnten[***] ) der Beute aus dieser Schlacht stammen die großen Bildsäulen, welche um den Dreifuß zusammen stehen vor dem Delphischen Tempelhaus; andere der Art sind auch zu Aba gestiftet. Dieses nun thaten die Phoker dem Fußvolk der Thessalier an, welches sie belagerte; die Reiterei derselben aber, die in ihr Land eingefallen war, vernichteten sie gänzlich. Denn in dem Engpaß, welcher bei Hyampolis[†] ) sich befindet, gruben sie einen großen Graben und legten leere Krüge in denselben, dann warfen sie Schutt darauf, machten ihn dem übrigen Boden gleich und empfingen so die herandringenden Thessalier. Diese rückten heran, in der Meinung, die Phoker mit sich fort zu reißen, und fielen in die Krüge, wo dann die Pferde sich die Beine zerbrachen. 29. Um dieser beiden Vorfälle willen hatten die Thessalier auf sie einen Groll und ließen ihnen durch einen Herold, den sie abgeschickt hatten, Folgendes sagen: O Phoker! jetzt kommt Ihr doch wohl zu der Einsicht, daß Ihr uns nicht gewachsen seid; denn schon vorher hatten wir bei den Hellenen, so lange wir es mit denselben hielten, stets vor Euch den Vorrang; und jetzt vermögen wir bei dem Barbaren so viel, daß es in unserer Gewalt steht, Euch das Land zu nehmen und überdem Euch zu Sklaven zu machen. Wiewohl wir nun die ganze Macht besitzen, so wollen wir doch der empfangenen Unbilden nicht eingedenk sein, sondern fünfzig Talente[*] ) Silbers sollen uns dafür zukommen: dann versprechen wir Euch, das über das Land kommende Unglück abzuwenden. Dieses ließen die Thessalier ihnen entbieten. Die Phoker nämlich waren allein unter den Bewohnern der dortigen Gegend nicht medisch gesinnt, aus keinem andern Grunde, wie sich mir bei näherer Erwägung herausstellt, als aus Feindschaft wider die Thessalier; wenn aber die Thessalier die Sache der Hellenen unterstützt hätten, so wären die Phoker, wie ich glaube, auf Seiten der Meder gestanden. So erklärten sie, als die Thessalier ihnen dieß entboten, sie würden das Geld nicht geben, und stünde es ihnen frei, auf gleiche Weise, wie den Thessaliern, auf Seiten der Meder zu treten, wenn sie anders wollten: aber sie würden nimmermehr von freien Stücken zu Verräthern an Hellas werden. 31. Als diese Antwort zurückgekommen war, wurden dann die Thessalier, aus Erbitterung über die Phoker, die Wegeführer des Königs. Von dem Trachinischen Lande[**] ) fielen sie dann in Doris ein: denn von der Dorischen Landschaft zieht sich ein schmaler Streif Landes dorthin, in einer Breite von etwa dreißig Stadien, zwischen dem Melischen[***] ) und Phokischen Lande gelegen, und war derselbe vor Alters Dryopis[†] ); dieser Strich ist das Mutterland der Dorier, die im Peloponnes sind. Dieser Dorischen Landschaft nun fügten die Barbaren, als sie eingefallen waren, keinen Schaden zu; denn die Bewohner waren medisch gesinnt und die Thessalier wollten es auch nicht. 32.-33 Als sie darauf aus der Landschaft Doris in das Phokische Land einfielen, vermochten sie die Phoker selbst nicht zu fangen; denn der eine Theil der Phoker war auf die Höhen des Parnassus hinaufgezogen; es ist aber auch der Gipfel des Parnassus, welcher für sich liegt bei der Stadt Neon, geeignet zur Aufnahme für einen Heereshaufen; Tithorea ist sein Name[*] ). Auf diesen nun hatten sie ihre Habe gebracht und waren selbst hinaufgegangen; die Mehrzahl aber von ihnen hatten ihre Habe zu den Ozolischen Lokrern nach der Stadt Amphissa gebracht, welche oberhalb der Ebene von Krissa liegt[**] ). Es durchzogen aber die Barbaren das ganze Land Phokis; denn die Thessalier führten also das Heer; Alles aber, was sie besetzten, steckten sie in Brand und verheerten es, indem sie in die Städte wie in die Tempel Feuer legten. Sie nahmen nämlich dort ihren Weg längs des Flusses Ecphissus[*] ) und verwüsteten Alles, sie verbrannten die Stadt Drymus, desgleichen Charadra, Erochus, Tethronium, Amphicäa, Neon, Pedieä, Tritäa, Elatea, Hyampolis, Parapotamiö und Aba, wo ein reiches Heiligthum des Apollo war, ausgestattet mit vielen Schatzkammern und Weihgeschenken; es war aber damals und ist auch jetzt dorten ein Orakel; auch dieses Heiligthum plünderten sie und steckten dann in Brand; auch fingen sie auf der Verfolgung einige Phoker bei den Gebirgen und einige Weiber, welche zu Tode genothzüchtigt wurden von der Menge. 34. Darauf kamen die Barbaren, indem sie an Parapotamiö vorbeizogen, nach Panopcä[*] ): von da an trennte sich ihr Heer und schied sich in zwei Theile. Der zahlreichste und mächtigste Theil des Heeres zog mit Xerxes selbst wider Athen und fiel in Böotien ein, in das Land der Orchomenier[**] ). Es war aber die ganze Masse der Böoter medisch gesinnt und ihre Städte retteten Macedonische Männer, welche von Alexander abgeschickt in denselben vertheilt waren; sie retteten sie, indem sie auf diese Weise dem König Xerxes darthun wollten, daß die Böoter für die Meder gesinnt seien. Dieser Theil der Barbaren wendete sich nun dahin. 35. Aber der andere Theil von ihnen zog mit Führern versehen nach dem Delphischen Heiligthum, indem sie den Parnaß zur Rechten[***] ) liegen ließen. Alles Land von Phokis, was sie besetzten, verheerten sie; auch verbrannten sie die Stadt der Panoper, der Daulis und der Aeoliden[†] ). Sie zogen aber hier, getrennt von dem übrigen Heer, aus dem Grunde, damit sie, nach Plünderung des Tempels zu Delphi, dem König Xerxes die Schätze darbringen möchten. Was nämlich Nennenswerthes in dem Tempel sich befand, das wußte, wie ich vernehme, Xerxes Alles besser als das, was er in seinem Palast zurückgelassen hatte, da Viele stets davon sprachen, insbesondere die Weihgeschenke des Krösus, des Sohnes des Alyattes[††] ). 36. Wie dieß die Delpher vernahmen, geriethen sie in die äußerste Angst, und in der großen Furcht, in der sie schwebten, wendeten sie sich wegen der heiligen Schätze an den Gott, ob sie dieselben in die Erde vergraben, oder in ein anderes Land wegschaffen sollten. Aber der Gott untersagte es ihnen, Etwas von der Stelle zu rücken, indem er erklärte, er wäre selbst im Stande das Seine zu schützen. Als die Delpher dieß gehört hatten, dachten sie nur an sich selbst und schickten demzufolge ihre Kinder und Weiber hinüber in das Achäische Land; die Mehrzahl von ihnen zog dann hinauf auf die Gipfel des Parnassus[*] ) und brachte ihre Habe in die Korycische[**] ) Grotte; Einige auch entwichen nach dem Lokrischen Amphissa. Es verließen demnach alle Delpher die Stadt, mit Ausnahme von sechzig Männern nebst dem Oberpriester. 37. Als nun die heranziehenden Barbaren in der Nähe waren und von fern das Heiligthum erblickten, in diesem Moment sah der Oberpriester, dessen Name Akeratus war, vor dem Tempel liegen heilige Waffen, welche von Innen aus dem geheiligten Raume[***] ) herausgeschafft waren, während solche zu berühren keinem Menschen erlaubt war, worauf er sogleich den anwesenden Delphern das Wunderzeichen verkündete. Als aber die heraneilenden Barbaren bei dem Tempel der Athene Pronäa[†] ) sich befanden, kam über sie ein noch größeres Wunderzeichen, als das, was vorher geschehen war. Denn es ist zwar auch dieß allerdings ein Wunder, daß Kriegswaffen von selbst zum Vorschein kommen, außerhalb des Tempelhauses daliegend; das zweite aber, was nun nach diesem sich begab, ist unter allen Erscheinungen am meisten der Bewunderung würdig. Denn als nun die heranrückenden Barbaren bei dem Heiligthum der Athene Pronäa sich befanden, da sielen Blitze vom Himmel herab auf sie und vom Parnaß rissen sich zwei Gipfel los[*] ), welche mit gewaltigem Tosen sich auf sie stürzten und Viele derselben trafen; aus dem Tempel der Athene Pronäa aber erschallten Stimmen und Kriegsgeschrei. 38. Wie dieß Alles zusammenkam, befiel ein Schrecken die Barbaren, und als die Delpher bemerkten, wie sie flohen, so stiegen sie von den Höhen herab und erschlugen eine Menge derselben; die, welche am Leben blieben, flohen geradeaus zu den Böotern. Es versicherten aber, wie ich vernehme, die Barbaren, welche zurückgekehrt waren, daß sie außer diesem noch andere göttliche Dinge gesehen: es wären nämlich zwei Männer in schwerer Rüstung von übermenschlicher Größe hinter ihnen gewesen, welche Alles niedergemacht und verfolgt, 39. Diese zwei waren, wia die Delpher angeben, ihre Landesheroen, Phylacus und Autonous, deren Heiligthümer bei dem Tempel sind, das des Phylacus hart am Wege oberhalb des Heiligthums der Pronäa, das des Autonous nahe bei der Kastalischen Ouelle[**] ) unter dem Hyampeischen Gipfel. Die von dem Parnassus herabgefallenen Steine waren noch bis auf meine Zeit unverletzt erhalten und lagen in dem Heiligthum der Athene Pronäa, in welches sie, als sie durch die Barbaren fuhren, eingedrungen waren. Also zogen sich diese Männer von dem Heiligthum zurück. 40. Die Seemacht der Hellenen steuerte von Artemisium auf Bitten der Athener nach Salamis. Es hatten nämlich die Athener sie deßhalb gebeten nach Salamis[*] ) zu steuern, damit sie ihre Kinder und Weiber aus dem Attischen Lande dahin in Sicherheit bringen und überdem sich berathen könnten, was sie nun thun sollten. Denn bei den obwaltenden Umständen mußten sie mit einander sich berathen, weil sie in ihrer Erwartung sich getäuscht hatten. Sie glaubten nämlich, die Peloponnesier mit ihrer ganzen Heeresmacht in Böotien gelagert zu finden, in Erwartung der Barbaren, fanden aber gar Nichts von ihnen, sondern vernahmen, Jene zögen eine Mauer über den Isthmus, weil sie den höchsten Werth darauf legten, den Peloponnes zu erhalten, daher sie diesen bewachen, Alles Andere aber fahren lassen wollten. Wie sie dieß vernahmen, da richteten sie an dieselben die Bitte, nach Salamis zu steuern. 41. Die übrigen nun gingen bei Salamis vor Anker, die Athener aber bei ihrem Lande und ließen nach ihrer Ankunft durch einen Herold bekannt machen ein Jeder von den Athenern möge, so gut er könne, seine Kinder und seine Dienerschaft zu retten suchen. Da schickten die Meisten dieselben nach Trözen[**] ), Andere nach Aegina, Andere nach Salamis[***] ); sie beeilten sich aber Alles in Sicherheit zu bringen, weil sie dem Götterspruch folgsam sich erweisen wollten, insbesondere aber auch aus folgender Ursache. Die Athener erzählen, daß eine große Schlange als Wächterin der Burg in dem Heiligthum sich aufhalte, dieß erzählen sie und dann noch weiter, daß sie derselben wie einem lebenden Wesen[*] ) jeden Monat die Kost vorsehen, und diese Kost besteht in einem Honigkuchen. Dieser Honigkuchen, welcher in der vorhergehenden Zeit stets aufgezehrt wurde, blieb damals unberührt. Wie dieß nun die Priesterin verkündet hatte, verließen die Athener um so bereitwilliger die Stadt, da ja auch die Göttin die Burg verlassen habe. Nachdem sie aber Alles in Sicherheit weggebracht hatten, schifften sie selbst zur Flotte. 42. Als nun die Flotte von Artemisium bei Salamis vor Anker gegangen war, kam auch die übrige Seemacht der Hellenen, die es erfahren, von Trözen aus mit ihnen zusammen: denn es war ihnen aufgegeben worden, sich nach Pogon[**] ), dem Hafen der Trözenier, zu versammeln. Hier waren nun viel mehr Schiffe versammelt, als bei Artemisium stritten, und von mehreren Städten. Den Oberbefehl der Flotte führte derselbe, der auch bei Artemisium ihn geführt, Eurybiades, des Euryklides Sohn, ein Spartaner, welcher jedoch nicht aus königlichem Geschlecht[*] ) war; bei weitem die meisten und auch die am besten segelnden Schiffe stellten indeß die Athener. 43.-48 Es zogen aber die Folgenden in den Streit: aus dem Peloponnes die Lacedämonier, welche sechzehn Schiffe stellten[**] ), die Korinthier, welche dieselbe Bemannung stellten, wie bei Artemisium; die Sicyonier stellten fünfzehn Schiffe, die Epidaurier zehn, die Trözenier fünf, die Hermioner[***] ) drei, und waren diese, mit Ausnahme der Hermione, vom Dorischen und Macedonischen Stamm, und waren aus Erineus und Pindus und zuletzt aus dem Dryopischen Lande ausgezogen[†] ). Die Hermioner sind Dryoper, welche von Herkules und den Meliern aus dem Lande, welches jetzt Doris heißt, vertrieben worden waren. Diese nun zogen von den Peloponnesiern in den Kampf. Aus dem Festland aber außerhalb (des Peloponnes) kamen zuvörderst die Athener, welche allein mehr als alle andern, nämlich hundert und achtzig Schiffe stellten[††] ); denn bei Salamis kämpften als Verbündete der Athener die Platäer nicht um folgender Sache willen. Als die Hellenen nach ihrem Abzug von Artemisium bei Chalcis sich befanden, stiegen die Platäer nach der gegenüber liegenden Küste Böotiens an's Land und waren beschäftigt, ihr Hausgesinde in Sicherheit zu bringen: sie blieben daher zurück, indem sie dieses retteten. Die Athener aber waren der Zeit, als die Pelasger das Land, das jetzt Hellas genannt wird, inne hatten, Pelasger[*] ) und führten den Namen Kranaer[**] ); unter dem Könige Kekrops wurden sie Kekropiden[***] ) genannt, welchen Namen sie, nachdem Erechtheus die Herrschaft überkommen hatte, mit dem der Athener vertauschten; als aber Ion, des Xuthus Sohn, Anführer der Athener geworden war, wurden sie nach diesem Joner genannt[†] ). Die Megarer stellten dieselbe Bemannung wie bei Artemisium[††] ); die Ambracioten kamen mit sieben Schiffen zu Hilfe, die Leukadier mit drei: es waren diese vom Dorischen Stamm aus Von den Inselbewohnern stellten die Aegineten dreißig Schiffe[†††] ): sie hatten zwar auch noch andere Schiffe bemannt, aber mit diesen bewachten sie ihr eigenes Land, mit jenen dreißig dagegen, die am besten segelten, kämpften sie in der Seeschlacht bei Salamis. Es sind die Aegineten, Dorier von Epidaurus, und hatte ihre Insel früher den Namen Oinone. Nach den Aegineten tamen die Chalcidenser mit den zwanzig Schiffen, die sie bei Artemisium stellten, und eben so die Eretrier mit ihren sieben Schiffen: diese sind Ionier; nachher die Keer, welche dieselben Schiffe stellten (wie bei Artemisium), ein Volk Jonischen Stammes von Athen. Die Naxier[*] ) stellten vier Schiffe; sie waren zwar von ihren Mitbürgern zu den Medern geschickt, gleich wie die übrigen Inselbewohner[**] ), aber sie kehrten sich nicht an den Befehl und traten zu den Hellenen, auf eifriges Betreiben des Demokritus, eines angesehenen Mannes unter den Bürgern, welcher damals Schiffshauptmann war[***] ). Die Naxier sind Ionier und stammen von Athen ab. Die Styrer stellten dieselben Schiffe wie bei Artemisium, die Cythnier[†] ) ein Schiff und einen Fünfzigruderer: diese beiden sind Dryoper. Auch die Seriphier, Siphnier und Melier waren in den Streit gezogen: denn diese allein unter den Inselbewohnern hatten dem König Erde und Wasser nicht gegeben[††] ). Alle diese, welche zu Feld zogen, wohnten innerhalb der Thesproter und des Acheron[*] ): denn die Thesproter grenzen an die Ambracioten und Leukadier, welche aus den fernsten Gegenden zum Kampfe gezogen waren. Von den außerhalb derselben wohnenden waren es allein die Krotoniaten, welche dem gefährdeten Hellas mit einem Schiffe zu Hilfe kamen[**] ), welches Phayllus befehligte, ein Mann, der dreimal in den pythischen Spielen gesiegt hatte; es sind aber die Krotoniaten ihrer Abkunft nach Achäer[***] ). 48. Die übrigen nun kamen zum Streite mit ihren Triremen; die Melier, Siphnier und Seriphier mit Fünfzigruderern, die Melier, welche ihrer Herkunft nach von Lacedämon stammen, stellten zwei, die Siphnier und Seriphier, welche Jonier sind von Athen, je einen. Die Gesammtzahl der Schiffe betrug aber dreihundert acht und siebenzig, ungerechnet die Pentekoren[†] ). 49. Als aber aus den angegebenen Staaten die Feldherren nach Salamis zusammengekommen waren, berathschlagten sie mit einander, nachdem Eurybiades den Vorschlag gemacht hatte, ein Jeder, wer wolle, möge seine Meinung aussprechen, an welchem Orte von denen, welche in ihrer Gewalt seien, es ihm am zuträglichsten scheine, eine Seeschlacht zu liefern. Denn Attika war schon aufgegeben, nur hinsichtlich der übrigen Orte machte er seine Vorlage. Die Meinungen der meisten der Redner trafen darin zusammen, man solle nach dem Isthmus schiffen und vor dem Peloponnes eine Seeschlacht liefern, wobei sie noch folgenden Grund beifügten, daß, falls sie in der Seeschlacht besiegt würden, sie, wenn sie bei Salamis wären, auf der Insel belagert werden würden, bei dem Isthmus aber sich in ihre Heimath begeben könnten. 50. Während dieß die Feldherren, die aus dem Peloponnes waren, mit einander beriethen, kam ein Athener mit der Nachricht, der Barbar sei nach Attika gekommen und verheere das ganze Land mit Feuer. Das Heer nämlich, das mit Xerxes durch Böotien sich dahin gewendet hatte[*] ), hatte die Stadt der Thespier[**] ), welche von da nach dem Peloponnes ausgebogen waren, in Brand gesteckt, und eben so die Stadt der Platäer[***] ), von wo es dann nach Athen kam und Alles dort verheerte. Thespiä und Platää aber hatte (das Heer der Perser) niedergebrannt, weil es von den Thebanern vernommen hatte, daß diese Städte nicht medisch gesinnt seien. 51. Es kamen aber die Barbaren, von dem Uebergang über den Hellespont an, von wo aus sie ihren Zug begannen, nachdem sie einen Monat daselbst verweilt hatten, während der Uebergang nach Europa erfolgte, in drei andern Monaten nach Attika, als Kalliades (erster) Archont über die Athener war[†] ). Und sie nahmen die Stadt, welche verlassen war, ein, und fanden nur einige wenige Athener, welche in dem Heiligthum sich befanden, die Verwalter desselben[††] ), und etliche arme Menschen, welche mit Brettern und Balken die Burg verrammelt hatten und die Herandringenden abzuhalten suchten; sie waren theils aus Mangel an Lebensmitteln nicht ausgezogen nach Salamis, dann aber auch weil sie glaubten, den Sinn des Orakels, welches die Pythia ihnen gegeben[†††] ), gefunden zu haben, wornach die hölzerne Mauer uneinnehmbar sein werde: und eben dieß wäre also der Zufluchtsort zufolge des Orakels, und nicht die Schiffe. 52.-53 Die Perser aber lagerten sich auf der Anhöhe gegenüber der Burg, welche die Athener den Hügel des Ares nennen[*] ), und belagerten sie auf folgende Weise: sie wickelten Werg um ihre Pfeile, zündeten sie dann an und warfen sie in den verrammelten Raum; die Athener aber, welche hier belagert wurden, nahten sich demungeachtet, wiewohl sie in die äußerste Noth gerathen waren und die Verrammelung nichts mehr half; sie nahmen sogar die Anträge, welche die Pisistratiden[**] ) ihnen machten, nicht an, sondern wehrten sich und sannen dagegen auf andere Mittel zu ihrer Vertheidigung, ja sie warfen sogar auf die an die Thore heranrückenden Barbaren Steine herab, so daß Xerxes lange Zeit in Verlegenheit war, da er sie nicht bezwingen konnte. Mit der Zeit zeigte sich jedoch in dieser Verlegenheit ein Eingang den Barbaren: denn es sollte nun einmal, dem Götterspruch zufolge[***] ), ganz Attika auf dem festen Lande in die Gewalt der Perser kommen. Vor der Burg nun, aber hinter den poren und hinter dem auf die Burg führenden Wege, wo Niemand Wache hielt, oder nur ahnen mochte, daß je einmal Jemand an dieser Stelle hinaufsteigen würde, stiegen Einige hinauf bei dem Heiligthum der Aglaurus, der Tochter des Kekrops, obwohl die Stelle sehr abschüssig war[†] ). Als aber die Athener sahen, daß diese auf die Burg gestiegen waren, so stürzten sich die Einen herab von der Mauer[*] ) und kamen auf diese Weise um: die Andern aber flohen in den innersten Raum des Tempels[**] ). Die Perser aber, welche hinaufgestiegen waren, wendeten sich zuerst zu den Thoren[***] ), öffneten diese und erschlugen die Bittenden; als aber Alle von ihnen niedergemacht worden waren, plünderten sie den Tempel und steckten dann die ganze Burg in Brand. 54. Nachdem Xerxes sich gänzlich in den Besitz von Athen gesetzt hatte, schickte er nach Susa einen reitenden Boten, welcher dem Artabanus[†] ) sein dermaliges Glück melden sollte; am zweiten Tage aber nach der Absendung dieses Heroldes berief er die Flüchtlinge der Athener, welche ihm gefolgt waren, zusammen und forderte sie auf, auf die Burg zu steigen und nach ihrer Weise Opfer zu schlachten, sei es, daß er in Folge eines Traumgesichtes, das er gehabt, dieses Gebot erließ, oder daß er es sich zu Herzen genommen, den Tempel verbrannt zu haben. Die athenischen Flüchtlinge aber thaten, was ihnen aufgetragen war. 55. Weßhalb ich dieser Sache erwähnt habe, will ich angeben. Auf der Burg befindet sich ein Tempel des Erechtheus[††] ), welcher der aus der Erde Geborene heißt[*] ), und darin ist ein Oelbaum und Meereswasser, welches, wie die Athener erzählen, Poseidon und Athene, bei ihrem Streit über das Land, zum Zeugniß hier stifteten[**] ). Nun hatte es sich getroffen, daß dieser Oelbaum zugleich mit dem übrigen Tempel von den Barbaren verbrannt wurde; am zweiten Tage aber nach der Verbrennung, als die Athener, welche vom König zu diesem Opfer aufgefordert waren, in das Heiligthum gegangen waren, erblickten sie einen Schößling, ungefähr eine Elle lang, welcher aus dem Stamm empor gewachsen war. Dieses nun erzählten dieselben. 56. Als es aber den Hellenen bei Salamis gemeldet war, wie es stand mit der Burg der Athener, geriethen sie in eine solche Unruhe, daß Einige von den Feldherren gar nicht abwarten wollten, bis ein Beschluß über den vorliegenden Gegenstand gefaßt war, sondern in die Schiffe stürzten und die Segel aufziehen ließen, um davon zu eilen, während diejenigen von ihnen, welche blieben, den Beschluß faßten, vor dem Isthmus eine Seeschlacht zu liefern. Und wie es Nacht ward, hoben sie die Versammlung auf und begaben sich auf ihre Schiffe. 057.-062 Kaum war Themistokles auf das Schiff gekommen, so frug ihn Mnesiphilus, ein Athener, was von ihnen beschlossen worden sei, und als er von ihm vernommen, daß es beschlossen wäre, nach dem Isthmus abzufahren und vor dem Peloponnes eine Seeschlacht zu liefern, sprach er: Fürwahr, wenn sie mit den Schiken von Salamis wegziehen, so wirst du um kein Vaterland mehr zur See zu kämpfen haben. Denn es werden sich Jede ihrer Heimath zuwenden, und weder Eurybiades, noch irgend ein anderer Mensch wird sie halten können, so daß das Heer sich nicht zerstreut; und dann wird Hellas durch Unverstand zu Grunde gehen. Darum, wenn es noch irgend ein Mittel gibt, so gehe und versuche, den Beschluß rückgängig zu machen, wenn du anders den Eurybiades bestimmen kannst, andern Sinnes zu werden, so daß er hier bleibt. Dieser Rath gefiel dem Themistokles sehr, und ohne darauf Etwas zu erwidern, eilte er zu dem Schiff des Eurybiades, und als er angekommen war, ließ er ihm sagen, er wünsche über eine gemeinsame Angelegenheit mit ihm sich zu besprechen, worauf dieser ihn bat, auf sein Schiff zu kommen und zu sagen, wenn er etwas wünsche. Da setzte sich Themistokles zu ihm und erzählte ihm Alles das, was er von Mnesiphilus gehört hatte, wie wenn es von ihm käme, und setzte noch vieles Andere hinzu, bis er durch seine Bitten ihn dahin brachte, aus dem Schiff (an's Land) zu gehen und die Feldherren zu der Versammlung zusammenzurufen. Als sie nun versammelt waren, so sprach Themistokles, ehe noch Eurybiades den Gegenstand vorgelegt hatte, wegen dessen er die Feldherren versammelt hatte, gar Vieles, weil ihm so viel an der Rücknahme des Beschlusses lag. Als aber in Bezug auf seine Rede Adimantus[*] ), des Ocytus Sohn, der Korinthische Feldherr, bemerkte: o Themistokles, in den Kampfspielen werden die, welche vor der Zeit sich erheben, mit Ruthen geschlagen, so erwiderte er zu seiner Vertheidigung: die aber, welche zurückbleiben, werden nicht bekränzt. Damals nun erwiderte er dem Korinthier in milder Weise; zu dem Eurybiades aber sagte er Nichts mehr von dem, was er vorher zu ihm gesagt hatte, daß sie, wenn sie von Salamis aufbrachen, von einander laufen würden; denn in Gegenwart der Verbündeten wäre es unpassend gewesen, gegen sie aufzutreten, sondern er hielt sich an einen andern Grund und sprach Folgendes: In deiner Hand liegt es jetzt, Hellas zu retten, wenn du mir folgst und bier bleibst, um die Seeschlacht zu liefern, und nicht nach dem Rathe der andern Redner die Schiffe nach dem Isthmus abführst. Vernimm denn beides und halte es gegen einander: Kämpfst du an dem Isthmus, so wirst du in dem offenen Meere eine Seeschlacht liefern, was uns am wenigsten zuträglich ist, da wir schwerfälligere Schiffe haben und an Zahl geringer sind; dann aber auch wirst du Salamis, Megara und Aegina verlieren, selbst wenn wir im Uebrigen glücklich sind; denn ihrer Seemacht wird sogleich auch das Landheer folgen, und so wirst du selbst sie nach dem Peloponnes führen und das ganze Hellas in Gefahr bringen (s. 2). Wenn du aber thuest, was ich dir sage, so wirst du folgende Vortheile dabei finden: erstlich werden wir, wenn wir in dem engen Raum mit wenigen Schiffen gegen viele den Kampf bestehen, einen großen Sieg davon tragen, wenn es so kommt, wie es bei dem Krieg zu erwarten ist. Denn bei dem Seekampf in dem engen Raume ist der Vortheil auf unserer Seite, in dem weiteren Raume aber auf Seiten Jener. Ferner wird auch Salamis erhalten, wohin unsere Weiber und Kinder in Sicherheit gebracht sind. Dann aber auch liegt darin der Vortheil, auf den ihr am meisten zu sehen habt: bleibst du hier, so wirst du auf gleiche Weise für den Peloponnes kämpfen, wie an dem Isthmus, und du wirst, wenn du klug bist, keineswegs jene nach dem Peloponnes führen. (s. 3). Wenn aber das geschieht, was ich hoffe, und wir mit den Schiffen siegen, so werden die Barbaren euch weder an den Isthmus kommen, noch werden sie weiter über Attika vorrücken, sondern ohne alle Ordnung sich zurückziehen, und wir werden den Vortheil der Erhaltung von Megara, Aegina und Salamis haben, wo zufolge eines Götterspruches wir über die Feinde Herr werden sollen. Solchen Menschen nun, die einen vernünftigen Rathschluß fassen, pflegt es gewöhnlich zu glücken; wo sie aber keinen vernünftigen Rathschluß fassen, da pflegt auch nicht einmal die Gottheit der menschlichen Einsicht Beistand zu verleihen. Als Themistokles dieß sprach, erhob sich wiederum gegen ihn der Korinthier Adimantus und forderte ihn auf zu schweigen, da er ja kein Vaterland habe, den Eurybiades aber bat er, einen Mann, der keine Heimath habe, nicht abstimmen zu lassen; denn Themistokles solle erst seine Stadt angeben, und dann seine Stimme abgeben. Dieses hielt er ihm aber deßhalb vor, weil Athen erobert und in der Gmalt der Feinde war. Da nun erhob sich Themistokles mit vielen Schmähungen wider ihn und den Korinthier, und zeigte in seiner Rede, daß sie wohl noch eine bessere Stadt und Land hätten, als Jene, so lang sie noch zweihundert Schiffe bemannt hätten. Denn Niemand von den Hellenen werde ihren Angriff zurückschlagen. Indem er dieß in seiner Rede dargethan, wendete er sich dann an Eurybiades und sprach zu diesem in noch schärferer Weise: Wenn du hier bleiben wirst und, bleibst du hier, als einen tapferen Mann dich hältst (dann gut): wo aber nicht, so wirst du Hellas zu Grunde richten. Denn in den Schiffen liegt das Gewicht des Kriegs: darum folge mir. Wenn du dieß aber nicht thun willst, dann nehmen wir, wie wir sind, unsere Hausgenossen aufs Schiff und fahren nach Siris[*] ) in Italien[**] ), welches von alter Zeit her noch unser ist und, wie die Göttersprüche besagen, von uns gegründet werden soll. Ihr aber, von solchen Verbündeten verlassen, werdet noch an meine Worte denken. 63. Durch diese Worte des Themistokles ließ Eurybiades sich belehren. Wie ich aber glaube, ließ er sich eines Andern belehren, hauptsächlich aus Furcht, es möchten die Athener sie verlassen, wenn er mit den Schiffen nach dem Isthmus abfahre. Denn wenn die Athener ihn verließen, waren die Uebrigen nicht mehr dem Kampfe gewachsen. Er entschied sich daher für die Ansicht, hier zu bleiben und den entscheidenden Kampf zu bestehen. 64. So nun rüsteten sich die Hellenen bei Salamis, nachdem sie zuerst in Worten gestritten, zur Seeschlacht, nachdem Eurybiades es beschlossen hatte. Kaum aber war der Tag angebrochen, als zugleich mit Sonnenaufgang ein Erdbeben entstand auf dem Lande, wie auf dem Meere. Da beschlossen sie zu den Göttern zu flehen und die Aeaciden[***] ) zum Beistand anzurufen. Und wie sie dieß beschlossen, thaten sie es auch. Denn nachdem sie zu allen den Göttern gefleht, riefen sie von hier aus, von Salamis, den Aias und Telamon an, zu dem Aeacus und den übrigen Aeaciden aber schickten sie ein Schiff nach Aegina. 65. Es erzählte aber Dicäus, des Theocydes Sohn, ein Athener, der als Flüchtling bei den Medern zu der Zeit zu Ansehen gelangt war, er wäre damals, als das attische Land von dem Landheer des Xerxes verheert wurde und von Athenern verlassen war, gerade in der Thriasischen Ebene[†] ) mit dem Lacedämonier Demaratus gewesen: da habe er einen Staub von Eleusis herkommen sehen, wie von etwa dreißig tausend Menschen, sie hätten sich verwundert über den Staub, von welchen Menschen er wohl komme, und sofort eine Stimme vernommen, die sei ihnen vorgekommen, wie der mystische Jakchus[*] ). Demaratus nun, der mit den Heiligthümern zu Eleusis unbekannt war, habe ihn gefragt, was denn das für eine Stimme sei, worauf er gesagt: Demaratus! es ist nicht anders möglich, ein großes Unglück muß das Heer des Königs treffen; denn da Attika verlassen ist, ist es klar, daß es eines Gottes Stimme ist, welche von Eleusis kommt zum Beistand für die Athener und ihre Verbündeten. Und wenn sie auf den Peloponnes fällt, so wird der König selbst und sein Heer auf dem Lande in Gefahr kommen; wendet sie sich aber den Schiffen bei Salamis zu, so wird der König in Gefahr kommen, sein Seeheer einzubüßen. Es feiern die Athener dieses Fest jedes Jahr zu Ehren der Mutter und Tochter[**] ) und ein Jeder von ihnen, wie von den übrigen Hellenen, der da will, kann sich einweihen lassen; die Stimme, welche du hörst, ist das Lied, das bei diesem Feste gesungen wird. Darauf habe Demaratus gesagt: Schweige und sprich niemanden sonst von dieser Sache; denn wenn diese Worte dem König hinterbracht werden, wirst du den Kopf verlieren, und weder ich, nech ein anderer Mensch, auch nicht ein einziger, wird dich retten können: darum halte dich ruhig; die Sorge hinsichtlich des Heeres überlaß den Göttern. Diesen Rath habe er ihm gegeben; aus dem staub aber und der Stimme sei eine Wolke geworden, welche sich erhoben und in der Richtung von Salamis zu dem Lager der Hellenen sich gewendet. Auf diese Weise hätten sie erfahren, daß die Seemacht des Xerxes zu Grunde gehen solle. Dieses erzählte Dicäus, des Theocydes Sohn, wobei er auf Demaratus und andere Zeugen sich berief. 66. Diejenigen aber, welche der Flotte des Xerxes zugetheilt waren, setzten von Trachis, nachdem sie die Niederlage der Lacedämonier sich angesehen hatten, nach Histiäa hinüber[*] ) und blieben hier drei Tage, dann schifften sie durch den Euripus[**] ) und waren in drei anderen Tagen bei Phalerum[***] ). Wie ich nun glaube, waren sie bei dem Einfall in Athen nicht schwächer, sowohl was zu Lande, als was mit der Flotte dort ankam, als sie nach Sepias[†] ) und nach den Thermopylen gekommen waren. Denn an die Stelle derjenigen von ihnen, welche durch den Sturm umgekommen waren und bei den Thermopylen und in der Seeschlacht bei Artemisium, rechne ich die Folgenden, welche damals noch nicht dem König folgten, die Melier, Dorier und Böoter, welche mit der ganzen streitbaren Macht ihm folgten, mit Ausnahme der Thespier und Platäer[††] ), dann insbesondere die Karystier[†††] ) und Andrier, die Tenier und alle die übrigen Inselbewohner, ausgenommen die fünf Städte, deren Namen ich vorher erwähnt habe[§] ) Denn je weiter der Perser nach dem Innern von Hellas vorrückte, um so mehr Völker folgten ihm. 67.-68 Als nun alle diese nach Athen gekommen waren, mit Ausnahme der Parier Hie Parier[§§] ) nämlich waren bei Cythnus[§§§] ) zurückgeblieben und warteten ab, wie der Krieg ausgehen werde), die Uebrigen also, als sie nach Phalerum gekommen waren, da begab sich Xerxes selbst zu den Schiffen, in der Absicht, mit den Seeleuten sich zu besprechen und deren Ansichten zu vernehmen. So wie er nun angekommen und vor ihnen sich niederließ, erschienen die herzugerufenen Gebieter ihrer Völker und die Befehlshaber von den Schiffen und fetten sich in der Ordnung, die einem Jeden nach seiner Würde der König verliehen hatte, zuerst der König von Sidon[*] ), dann der von Tyrus, hernach die Uebrigen. Wie sie aber in der Ordnung der Reihe nach saßen, sendete Xerxes den Mardonius an sie ab und ließ, weil er bei einem Jeden es versuchen wollte, fragen, ob er eine Seeschlacht liefern solle. Als darauf Mardonius herumging und die Frage stellte, wobei er mit dem Sidonier den Anfang machte, so stimmten die übrigen in ihrer Ansicht überein, indem sie meinten, man solle eine Seeschlacht liefern, Artemisia[**] ) aber sprach Folgendes: Mardonius, sage zum König, daß ich Folgendes erkläre: Da ich, o Gebieter, nicht am schlechtesten gehalten habe in der Seeschlacht bei Euböa, und nicht die geringsten Thaten aufzuweisen habe, so habe ich ein Recht, meine Ansicht, wie sie ist, darzulegen, was ich nämlich am zuträglichsten halte für deine Macht. Und so erkläre ich dir Folgendes : Schone die Schiffe und liefere keine Seeschlacht. Denn diese Männer sind deinen Leuten zur See eben so überlegen, als Männer den Weibern. Warum aber mußt du durchaus dich in die Gefahr einer Seeschlacht stürzen? hast du nicht Athen, um deßwillen du den Feldzug unternommen, hast du nicht das übrige Hellas? Niemand steht dir im Wege; diejenigen aber, welche dir noch Widerstand geleistet, sind so davon gekommen, wie es ihnen gebührte. (§. 2.) Welchen Ausgang aber, wie ich glaube, es mit den Feinden nehmen wird, das will ich angeben. Wenn du nicht dich beeilst zu handeln, sondern deine Schiffe hier hältst, am Lande bleibend oder auch nach dem Peloponnes vorrückend, so wird dir, o Gebieter, leicht gelingen, was du im Sinne hattest, als du hierher kamst. Denn die Hellenen sind nicht im Stande, dir auf lange Zeit Widerstand zu leisten, sondern du wirst sie zerstreuen und werden Jegliche nach ihrer Heimath entfliehen. Denn sie haben weder Lebensmittel auf dieser Insel, wie ich vernehme, noch ist es wahrscheinlich, daß, wenn du das Landheer wider den Peloponnes führst, die, welche von dort her gekommen sind, ruhig bleiben, und nicht daran denken, zu Gunsten der Athener eine Seeschlacht zu liefern. (§. 3.) Wenn du aber sogleich dich beeilst, eine Seeschlacht zu liefern, so befürchte ich, daß eine Niederlage der Seemacht auch den Verlust des Landheeres herbeiführen wird. Ueberdem, o König, erwäge auch dieß, daß gute Menschen wohl schlechte Diener zu haben pflegen, schlechte Menschen aber gute. Du aber, der du der beste unter allen Männern bist, hast schlechte Diener, welche für deine Verbündeten gelten sollen, wie da sind Aegyptier, Cyprier, Cilicier und Pamphylier[*] ), die zu Nichts zu gebrauchen sind. 69. Wie Artemisia dieß zu Mardonius sagte, waren Alle, die es mit ihr wohl meinten, über diese Rede betrübt, weil sie dachten, es würde ihr von Seiten des Königs etwas Schlimmes widerfahren, da sie ihm abrathe, eine Seeschlacht zu liefern; diejenigen aber, welche ihr aufsäßig waren und sie beneideten, weil sie vor allen Verbündeten am meisten geehrt war, hatten an der Erklärung Freude, weil sie glaubten, sie würde dadurch sich in's Verderben stürzen. Als aber die Meinungen dem Xerxes gemeldet wurden, freute er sich sehr über die Meinungen der Artemisia, und da er sie schon vorher für eine tüchtige Frau hielt, lobte er sie jetzt noch weit mehr. Demungeachtet aber befahl er, dem Rath der Mehrzahl zu folgen, indem er der Ansicht war, bei Euböa wären sie feig gewesen, weil er nicht zugegen gewesen: nun aber hatte er Vorkehrung getroffen, selbst der Seeschlacht zuzusehen. 70. Als darauf der Befehl zum Aufbruch gegeben war, fuhren sie ab nach Salamis zu, und stellten sich auf nach ihrer Ordnung in aller Ruhe; da aber der Tag für sich nicht mehr ausreichte, um eine Seeschlacht zu liefern, indem es darüber Nacht geworden war, so rüsteten sich sich auf den folgenden Tag. Die Hellenen aber ergriff Furcht und Angst, am meisten die, welche aus dem Peloponnes waren; sie hatten aber darum Angst, weil sie bei Salamis liegen bleiben und für das Land der Athener eine Seeschlacht liefern sollten, und weil sie, besiegt, auf der Insel abgeschnitten belagert würden, nachdem sie ihr eigenes Land ohne allen Schutz gelassen. 71. Das Landheer der Barbaren nämlich brach noch in der gegenwärtigen Nacht auf nach dem Peloponnes, wiewohl hier alle möglichen Vorkehrungen getroffen waren, damit die Barbaren nicht eindringen könnten. Denn so wie die Peloponnesier vernommen hatten, daß Leonidas mit seiner Schaar bei den Thermopylen gefallen sei, liefen sie aus ihren Städten zusammen und lagerten sich bei dem Isthmus: ihr Feldherr war Kleombrotus, der Sohn des Anaxandridas und der Bruder des Leonidas. Als sie aber auf dem Isthmus lagerten, verschütteten sie den Scironischen Weg[*] ) und nachher, wie sie bei einer Berathung beschlossen hatten, fingen sie an, eine Mauer mitten durch den Isthmus zu bauen. Und weil es ihrer viele Tausende waren und jeder Mann arbeitete, so kam das Werk zu Stande[**] ): denn Steine, Ziegel, Holz und Körbe voll Sand wurden herbeigeschafft, und rasteten die, so herbeigeeilt waren zur Vertheidigung, in ihrer Arbeit keinen Augenblick, weder bei Tage noch bei Nacht. 72. Es waren aber von den Hellenen die Folgenden nach dem Isthmus mit aller ihrer Mannschaft zu Hilfe geeilt: die Lacedämonier und Arkadier, die Eleer, Korinthier, Sicyonier, Epidaurier, Phliasier, Trözenier und Hermioner. Diese waren zu Hilfe herbeigeeilt und waren in großer Angst für das gefährdete Hellas: die übrigen Peloponnesier kümmerten sich aber darum Nichts. Das olympische Fest und die Kameen waren übrigens bereits vorübergegangen[***] ). 73. Es bewohnen nämlich den Peloponnes sieben[*] ) Völker; von diesen haben zwei, welche eingeboren sind, jetzt noch ihre Sitze an demselben Orte, wo sie auch vor Alters wohnten, die Arkadier[**] ) und Cynurier. Ein Volk aber, das Achäische, ist zwar aus dem Peloponnes nicht ausgewandert, wohl aber aus seinem eigenen Lande, und bewohnt nun ein fremdes[***] ); die vier übrigen Völker von den sieben sind eingewandert: die Dorier, Aetoler, Dryoper[†] ) und Lemnier. Die Dorier haben viele und angesehene Städte, die Aetoler blos Elis, die Dryoper Hermione und Asine, welches bei dem Lakonischen Kardamyle liegt[††] ); zu den Lemniern gehören alle Paroreaten[†††] ). Die Cynurier[§] ), welche Eingeborne sind, scheinen allein Ionier zu sein, aber sie sind in Folge der Herrschaft der Argiver über sie, und in Folge der Zeit ganz dorisch geworden, da sie Orneaten sind und Umwohner[*] ). Von diesen sieben Völkern hatten die übrigen Städte, mit Ausnahme der angeführten, sich getrennt und keine Partei ergriffen; wenn man aber es frei heraussagen darf, so hatten sie sich getrennt, weil sie medisch gesinnt waren. 74. Jene nun, welche auf dem Isthmus standen[**] ), hatten mit solcher Mühe zu kämpfen, weil sie wohl einsahen, daß für sie Alles auf dem Spiel stehe, und sie einen Sieg zur See nicht erwarten konnten; die aber, welche bei Salamis waren, geriethen, als sie dieß vernahmen, dennoch in Angst, da sie nicht sowohl um sich selbst, als um den Peloponnes besorgt waren. Wohl sprachen sie daher mit einander darüber, der Eine mit dem Andern eine Zeitlang im Stillen, indem sie sich wunderten über die Rathlosigkeit des Eurybiades; zuletzt aber brach der Sturm offen aus, und kam es zu einer Versammlung, in welcher Vieles über eben diese Dinge gesprochen wurde, indem die Einen verlangten, man solle nach dem Peloponnes abfahren, und für diesen in den Kampf gehen, keineswegs aber bleiben und für ein Land, das mit den Waffen (von den Feinden bereits) erobert sei, streiten: die Athener, Aegineten und Megarer dagegen behaupteten, man müsse hier bleiben und die Feinde abwehren. 75. Da trat Themistokles, als seine Ansicht der der Peloponnesier unterlag, heimlich aus der Versammlung, und als er draußen war, schickte er in das Lager der Meder auf einem Fahrzeug einen Mann, welchem er angegeben hatte, was er sagen sollte; dieser hieß Sicinnus und war ein Sklave und Erzieher der Knaben des Themistokles, welchen später nach diesen Ereignissen Themistokles, als die Thespier Bürger aufnahmen[*] ), zu einem Thespier, so wie auch zu einem reichen Mann machte. Als dieser damals mit seinem Fahrzeug angekommen war, sprach er zu den Feldherren der Barbaren Folgendes: : Mich hat der Feldherr der Athener ohne Wissen der übrigen Hellenen hierher geschickt (denn er ist königlich gesinnt und will lieber, daß Ihr die Oberhand gewinnt, als die Hellenen), um Euch zu sagen, daß die Hellenen aus Furcht mit einander berathschlagten über ihre Flucht. Und jetzt ist für Euch die Gelegenheit da, das schönste Werk von Allem auszuführen, wenn Ihr dieselben nicht davon laufen lasset. Denn sie sind unter einander nicht einig und werden Euch keinen Widerstand mehr leisten; und werdet Ihr sehen, daß sie mit einander selbst zur See streiten, die, welche auf Eurer Seite sind und die, welche es nicht sind. 76, Nachdem er dieses ihnen erklärt hatte, entfernte er sich wieder. Die Perser aber, weil sie dieser Nachricht vertrauten, ließen zuerst auf das Inselchen Psyttalia[*] ), das zwischen Salamis und dem Festlande liegt, viele der Ihrigen landen, darauf zogen sie, da es Mitternacht geworden war, den westlichen Flügel der Flotte nach Salamis[**] ), um es einzuschließen; auch die, welche bei Ceos und Cynosura aufgestellt waren, fuhren ab und besetzten mit ihren Schiffen das ganze Fahrwasser bis Munychion Sie fuhren aber deßwegen ab, damit es den Hellenen nicht möglich sei zu entfliehen, sondern damit sie, abgeschnitten bei Salamis, büßen sollten für die Kämpfe bei Artemisium. Auf das Inselchen, welches Psyttalia heißt, setzten die Perser ans Land deßwegen, weil, wenn eine Seeschlacht stattfände dahin zunächst Männer und Schiffstrümmer getrieben wurden (denn die Insel lag gerade in dem Fahrwasser, wo die Seeschlacht stattfinden sollte), auf daß sie die Einen *) retteten, die Andern zu Grunde richteten. Sie thaten dieß Alles aber im Stillen, damit die Gegner es nicht erführen. Diese Vorkehrungen nun trafen sie in der Nacht, ohne sich zur Ruhe zu begeben. 77. Ich kann zwar nicht Orakelsprüchen widersprechen, daß sie nicht wahr sind, und will auch gar nicht den Versuch machen, dieselben wo sie so Kar lauten, umzuwerfen, indem ich auf Gegenstände wie die folgenden einen Blick werfe:
Da Bakis[††] ) auf solche Weise und so deutlich spricht, wage ich in Bezug auf einen Widerspruch der Orakel weder Selbst Etwas zu sagen, noch nehme ich es von Andern an. 78. Die Feldherren aber, welche zu Salamis waren, zankten sich gewaltig unter einander; sie wußten nämlich noch nicht, daß die Barbaren mit ihren Schiffen sie umzingelt hatten, sondern sie glaubten, dieselben wären noch an ihrer Stelle, wie sie dieselben am Tage aufgestellt sahen. 79.-81 Während nun die Feldherren noch zusammen waren, kam von Aegina herüber Aristides, des Lysimachus Sohn, ein Athener, welcher vom Volk durch das Scherbengericht *) verbannt worden war, von dem ich aber, da ich seinen Karakter kennen gelernt, überzeugt bin, daß er der beste und gerechteste Mann zu Athen gewesen ist[**] ), Dieser Mann trat zu der Versammlung und ließ den Themistokles, der sein Freund nicht war, sondern sein ärgster Feind, herausrufen: wegen der Größe der gegenwärtigen Gefahr ließ er, alles Frühere vergessend, ihn herausrufen, wie er sich mit ihm zu besprechen wünschte; er hatte nämlich vorher gehört, daß die aus dem Peloponnes sich beeilten, ihre Schiffe nach dem Isthmus zu führen. Als aber Themistokles herausgekommen war, so sprach Aristides Folgendes: Wir haben zu jeder andern Zeit und insbesondere in dieser nur darüber mit einander zu streiten, wer von uns Beiden dem Vaterlande mehr Nutzen schafft. Ich sage dir aber, daß es gleich ist, Vieles und Weniges zu reden über die Abfahrt der Peloponnesier von hier. Denn ich sage, weil ich selbst mit meinen Augen es gesehen, daß jetzt die Korinther und Eurybiades, nicht einmal wenn sie es wollten, im Stande sein werden abzufahren: denn wir sind von den Feinden rings herum eingeschlossen: darum gehe hinein und melde ihnen dieß. Dieser aber erwiderte darauf mit Folgendem: einen recht guten Rath gibst du, und eine gute Nachricht bringst du; denn was ich wünschte, daß es geschehe, das hast du mit eigenen Augen gesehen und so kommst du jetzt zu uns: denn wisse, daß dieß auf mein Anstiften von den Medern geschehen ist: ich mußte nämlich die Hellenen, weil sie nicht mit Willen in eine Schlacht sich einlassen wollten, gegen ihren Willen dazu nöthigen. Da du nun mit einer so guten Nachricht gekommen bist, so melde sie ihnen selbst. Denn wenn ich es sage, so wird man glauben, ich hätte es erdichtet, und ich werde sie nicht dahin bringen zu glauben, daß die Barbaren also thun. Darum trete selbst hinein und melde ihnen, wie es steht. Hast du ihnen es gemeldet und sie glauben es, so ist dieß allerdings am besten; glauben sie es aber auch nicht, so wird es für uns gleich sein. Denn sie werden nicht davon laufen, da wir, wie du sagst, von allen Seiten umschlossen sind. Aristides trat darauf ein und erzählte dieß; er versicherte sie, wie er von Aegina gekommen und kaum unbemerkt vor den vor Anker liegenden Feinden durchgekommen sei, denn das ganze Lager der Hellenen sei von den Schiffen des Xerxes eingeschlossen, und darum rieth er ihnen sich zu rüsten zur Abwehr. Nachdem er diese Worte gesprochen, entfernte er sich: unter den Feldherren entstand aber von Neuem ein Wortstreit, weil die Mehrzahl die Nachricht nicht glauben wollte. 82. Während diese noch im Unglauben waren, kam ein Dreiruderer von Teniern[*] ), welcher zu ihnen überging; es befehligte ihn Panätius, des Sosimenes Sohn, und dieses Schiff brachte ihnen allerdings die volle Wahrheit. Um dieser That willen wurden die Tenier zu Delphi auf den Dreifuß[**] ) eingeschrieben unter denen, wilche den Barbaren geschlagen haben. Mit diesem Schiff nun, welches nach Salamis überlief, und dem Lemnischen, das früher bei Artemisium überging[***] ), ward die Hellenische Flotte bis zu dreihundert und achtzig voll; denn es fehlten noch zwei Schiffe zu dieser Zahl[†] ). 83. Da nun die Hellenen dem glaubten, was die Tenier ihnen sagten, rüsteten sie sich zur Seeschlacht. Sowie der Morgen anbrach, veranstalteten sie eine Zusammenkunft der auf den Schiffen befindlichen Mannschaft[††] ), und hier hielt Themistokles vorzugsweise eine treffliche Ansprache, in welcher er durchgängig das Höhere dem Niederen entgegen stellte und dann sie ermahnte, so weit es nach des Mem Schen Natur und Lage angehe, von beidem diesem das Höhere zu wählen, und als er seine Ansprache geendet hatte, forderte er sie auf, die Schiffe zu besteigen. Und diese nun stiegen ein, auch war der Dreirudrer von Aegina gekommen, welcher nach den Aeaciden abgeschickt worden war[†††] ). 84. Sowie sie aber sich in Bewegung setzten, sielen die Barbaren auf sie ein. Die übrigen Hellenen nun ruderten langsam rückwärts, ohne zu schwenken, und näherten sich mehr dem Lande, Aminias aber aus Pallene[*] ), ein Athener, welcher aus der Linie herausgefahren war, stieß auf ein (feindliches) Schiff; und da sein Schiff sich verwickelte und man sich nicht mehr von einander trennen konnte, da eilten die Uebrigen zur hilfe des Aminias herbei und traten in den Kampf. Also, erzählen die Athener, hätte die Seeschlacht ihren Anfang genommen; die Aegineten dagegen behaupten, das Schiff, welches wegen der Aeaciden nach Aegina gegangen war, habe den Anfang gemacht. Aber auch Folgendes wird erzählt: es sei ihnen eine Gestalt eines Weibes erschienen; und diese Erscheinung habe sie angetrieben, so daß auch das ganze Heer der Hellenen es hörte, nachdem sie vorher in folgender Weise geschmäht: o ihr Einfältigen, bis wie lange rudert ihr noch rückwärts! 85. Gegenüber den Athenern waren nun die Phönicier aufgestellt, denn diese hatten den Flügel nach Eleusis und gegen Abend hin inne; den Lacedämoniern gegenüber standen die Ionier; diese hatten den Flügel nach Osten und nach dem Piräus hin. Jedoch nur Wenige von ihnen zeigten sich, der Weisung des Themistokles zufolge[**] ), feig, die Mehrzahl aber nicht. Ich kann nun die Namen vieler Schiffsbefehlshaber angeben, welche Hellenische Schiffe wegnahmen, aber ich will davon keinen Gebrauch machen, mit Ausnahme des Theomestor, des Sohnes des Androdamas, und des Phylakus, des Sohnes des Histiäus, welche beide von Samus waren. Ich gedenke aber deßwegen dieser allein, weil Theomestor wegen dieser That Herrscher von Samus ward, von den Persern eingesetzt[***] ), Phylakus aber ward als ein Wohlthäter des Königs verzeichnet und ihm viel Land geschenkt. Es heißen aber die Wohlthäter des Königs auf Persisch Orosangen[*] ). Also verhielt es sich nun mit diesen. 86. Es ging aber eine Menge von (feindlichen) Schiffen bei Salamis zu Grunde, die einen vernichtet durch die Athener, die andern durch die Aegineten. Da die Hellenen in aller Ordnung zur See kämpften in ihrer Reihe, die Barbaren aber noch gar nicht in Reihen geordnet waren, und auch nichts mit Verstand thaten, mußte es wohl für sie so kommen, wie es auch wirklich kam. Zwar waren sie und zeigten sich auch an diesem Tage weit besser als bei Euböa, indem ein Jeder sich eifrig zeigte aus Furcht vor dem Xerxes, und glaubte ein Jeder, der König werde ihn sehen. 87. In Bezug auf die Uebrigen nun kann ich nicht mit Gewißheit bei den Einen wie bei den Andern angeben, wie Jegliche von den Barbaren, wie von den Hellenen gekämpft haben: nur in Bezug auf die Artemisia[**] ) begab sich Folgendes, wodurch sie noch mehr in Ansehen kam bei dem König. Als nämlich schon die Motte des Königs in große Verwirrung gerathen war, in diesem Moment wurde das Schiff der Artemisia von einem Attischen Schiff verfolgt, und da sie nicht entfliehen konnte, weil vor ihr andere befreundete Schiffe waren, ihr eigenes Schiff aber zunächst den feindlichen sich befand, so beschloß sie Folgendes zu thun, was ihr auch gelang. Verfolgt von dem Attischen Schiff, warf sie sich auf ein befreundetes Schiff der Kalyndenser[***] ), auf welchen der König der Kalyndenser, Damasithymus, selbst sich befand. Ob sie nun schon früher, als sie noch bei dem Hellespont verweilten, mit ihm einen Streit hatte, vermag ich in der That nicht anzugeben, auch nicht, ob sie es mit Vorbedacht that, oder ob das Kalyndensische Schiff zufällig mit ihr zusammengetroffen war. Als sie aber sich auf dasselbe geworfen und es versenkt hatte, verschaffte sie durch das Glück, das ihr zu Theil ward, sich selbst einen doppelten Vortheil, denn wie der Befehlshaber des Attischen Schiffes sah, daß sie sich auf ein Schiff der Barbaren warf, so glaubte er, das Schiff der Artemisia wäre ein Hellenisches, oder es ginge von den Barbaren zu ihnen über und leiste ihnen Beistand; er wendete sich daher von ihr weg andern Schiffen zu. 88. Auf solche Weise gelang es ihr, erstlich zu entfliehen und nicht zu Grunde zu gehen, dann aber auch traf es sich, daß sie für das Uebel, das sie (den Ihrigen) zufügte, zu dem größesten Ansehen bei dem König gelangte. Man erzählt nämlich, der König, welcher zusah, habe den Angriff des Schiffes bemerkt und Einer der Anwesenden habe zu ihm gesagt: o Gebieter; siehst du, wie tapfer die Artemisia kämpft und wie sie ein feindliches Schiff in den Grund gebohrt hat? darauf habe er gefragt, ob dieß wirklich der Artemisia That sei; diese hätten es bejaht, weil sie das Abzeichen des Schiffes[*] ) bestimmt kannten; das zu Grunde gegangene Schiff aber, glaubten sie, wäre ein feindliches. Denn es war ihr, wie gesagt, in allem Andern glücklich ergangen, insbesondere auch darin, daß von dem Kalyndensischen Schiffe Niemand gerettet ward, um als Kläger aufzutreten. Xerxes aber soll auf das, was man ihm sagte, bemerkt haben: die Männer sind mir zu Weibern geworden, die Weiber aber zu Männern[**] ). Dieß soll Xerxes gesagt haben. 89. In diesem Schlachtgetümmel kam der Feldherr Ariabignes um, der Sohn des Darius[***] ) und der Bruder des Xerxes, es kamen auch viele andere und namhafte um von den Persern und Medern, wie von den übrigen Verbündeten, aber nur wenige Hellenen. Denn da sie zu schwimmen verstanden, so schwammen diejenigen, deren Schiffe zu Grunde gerichtet waren und die nicht selbst im Kampfe umgekommen waren, hinüber nach Salamis; von den Barbaren aber kamen Viele im Meere um, weil sie nicht zu schwimmen verstanden. Als nämlich die ersten Schiffe zur Flucht sich gewendet hatten, da gingen die meisten Schiffe zu Grunde. Denn die, welche hinten aufgestellt waren, versuchten mit ihren Schiffen nach vorne zu kommen, um vor dem König irgend eine That zu verrichten, stießen aber hier auf ihre fliehenden Schiffe. 90. Und in diesem Getümmel begab sich auch Folgendes. Einige von den Phöniciern, deren Schiffe zu Grunde gegangen waren, kamen zum König und verläumdeten die Ionier als Verräther, die an dem Verlust ihrer Schiffe schuld seien. Indessen kam es so, daß die Feldherren der Ionier nicht ihr Leben verloren, wohl aber die verläumdenden Phönicier folgenden Lohn empfingen. Während diese noch dieß Sagten, stürzte ein Samothracisches Schiff[*] ) auf ein Attisches Schiff; da sank das Attische Schiff sofort unter und ein herbeieilendes Aeginetisches Schiff versenkte das Schiff der Samothracer. Da nun die Samothracer gute Bogenschützen sind, so schossen sie mit ihren Pfeilen die Besatzung des Schiffes, von welchem das ihrige in Grund gebohrt war, herunter, stiegen dann auf dasselbe und besetzten es. Dieser Vorfall rettete die Ionier. Denn als Xerxes sah, wie sie eine so große That ausführten, wendete er sich zu den Phöniciern, da er sehr betrübt war und die Schuld auf sie alle warf, und ließ ihnen dann die Köpfe abschlagen, damit sie, die selbst feige gewesen, nicht die Tapferen verläumdeten. Denn so oft Xerxes, welcher am Fuße des Salamis gegenüber liegenden Berges, welcher Aegaleos genannt wird, saß[**] ), bemerkte, daß Einer von seinen Leuten irgend eine That ausführte in der Seeschlacht, erkundigte er sich nach dem, der es gethan; und dann zeichneten die Schreiber[***] ) den Befehlshaber des Schiffes auf, dessen Stadt und den Namen seines Vaters. Es hatte aber auch Ariaramnes, ein Perser, welcher zugegen war und den Ioniern befreundet, seinen Antheil an dem, was die Phönicier zu leiden hatten. 91.-92 Diese[*] ) nun wendeten sich wider die Phönicier. Als aber die Barbaren sich zur Flucht gewendet hatten und davon eilten nach Phalerum, so verrichteten die Aegineten, welche in dem Fahrwasser sich in Hinterhalt gelegt hatten, Thaten, die der Erwähnung werth sind. Die Athener nämlich zerstörten in dem Getümmel die Schiffe, welche Widerstand leisteten und die Flucht ergriffen, die Aegineten aber die, welche hinauszukommen suchten; so oft nun Etwelche den Athenern entrannen waren, fielen sie den Aegineten in die Hände. Hier trafen nun zusammen zwei Schiffe, das Schiff des Themistokles, welches ein anderes verfolgte, und das des Polykritus, des Sohns des Krius[**] ), eines Aegineten, welches auf ein Sidonisches Schiff sich geworfen hatte, das jenes Aeginetische Schiff, das bei Sciathus auf der Vorhut stand, weggenommen hatte, auf welchem Pytheas, des Ischenous Sohn, sich befand, welchen die Perser, obwohl er ganz verhauen war, auf dem Schiffe behielten, voll von Bewunderung wegen seiner Tapferkeit[***)] : dieses Sidonische Schiff, welches Jene mit sich führte, ward nun sammt den Persern weggenommen, so daß Pytheas auf diese Weise nach Aegina gerettet ward. Als aber Polykritus das Attische Schiff erblickte und es an dem Zeichen des Feldherrn, das er gesehen, erkannt hatte, rief er nach dem Themistokles und schimpfte auf ihn, indem er auf die medische Gesinnung der Aegineten schmähete[†] ). Diese Schmähungen richtete er an Themistones, während er auf das Schiff einstürzte. Die Barbaren aber, deren Schiffe erhalten waren, kamen auf der Flucht nach Phalerum unter dem Schuh des Landheeres. 98. In dieser Seeschlacht fanden unter den Hellenen die meiste Anerkennung die Aegineten und nach ihnen die Athener, unter den Männern aber Polykritus aus Aegina und zwei Athener, Eumenes der Anagyrasier[*] ) und Aminias von Pellene[**] ), der auch die Artemisia verfolgt hatte. Wenn er nun gewußt hätte, daß auf diesem Schiffe die Artemisia sich befand, so würde er nicht eher geruht haben, als bis er sie gefangen, oder er selbst gefangen worden wäre. Denn es war an die Attischen Schiffshauptleute der Befehl ergangen und außerdem ein Preis von zehntausend Drachmen[***] ) festgesetzt worden für denjenigen, der sie lebendig fangen würde. Denn es kam ihnen in der That arg vor, daß ein Weib wider Athen zu Felde ziehe. Diese, wie vorher angegeben ist[†] ), entkam nun; es befanden sich aber auch die übrigen, deren Schiffe davon gekommen waren, zu Phalerum 94. Von dem Adimantus aber, dem Feldherrn der Korinthier, erzählen die Athener, er habe gleich am Anfang, als die Schiffe an einander geriethen, voller Schrecken und Furcht die Segel aufziehen lassen und sei davon geeilt; wie aber die Korinthier das Schiff des Feldherrn auf der Flucht erblickt, so wären sie eben so davon geeilt. Als sie nun auf der Flucht bei dem Heiligthum der Athene Sciras auf Salamis[††] ) gewesen, sei, wie durch göttliche Fügung ein Schnellsegler auf sie gestoßen, ohne daß Jemand, der ihn abgesendet, zum Vorschein gekommen, und habe derselbe sich den Korinthern, die von der Lage des Heeres nichts wußten, genähert. Daraus schließen sie, daß es eine göttliche Fügung gewesen. Wie nun die auf dem Schnellsegler nahe gekommen den Schiffen, hätten sie Folgendes gesagt; Adimantus, du lenket um mit deinen Schiffen und eilst zur Flucht, nachdem du die Hellenen im Stich gelassen: diese aber erringen auch in der That einen Sieg, so groß sie ihn nur wünschen, nun Herr werden über die Feinde. Auf diese Worte hin, da Adimantus es nicht glauben wollte, hätten sie noch einmal gesprochen, wie sie selbst erbötig wären sich als Geiseln mitschleppen zu lassen und zu sterben, wenn die Hellenen nicht offenbar Sieger wären. So nun wäre er mit seinem Schiff umgekehrt, er selbst und die Uebrigen, aber sie wären erst nach vollbrachter That zum Heere gelangt. So lautet von ihnen die Sage der Athener; die Korinthier selbst stimmen jedoch keineswegs bei, sondern behaupten, sie selbst wären unter den Ersten bei der Seeschlacht gewesen, und auch das übrige Hellas zeugt hier für sie[*] ). 95. Aristides aber, des Lysimachus Sohn, ein Athener, dessen ich auch kurz zuvor[**] ) erwähnt habe als eines trefflichen Mannes, dieser that in diesem Getümmel, das bei Salamis stattfand, Folgendes: er nahm eine Anzahl von Schwerbewaffneten, welche längs dem Gestade von Salamis aufgestellt waren, Athener ihrer Herkunft nach, und setzte sie über nach der Insel Psyttalia[*] ), wo sie alle Perser, welche auf der kleinen Insel sich befanden, niederhieben, 96. Als die Seeschlacht zu Ende gegangen war, brachten die Hellenen, was von Schiffstrümmern dort sich vorfand, nach Salamis ans Land und waren bereit zu einer zweiten Seeschlacht, weil sie dachten, der König werde mit den noch übrigen Schiffen es noch einmal versuchen. Viele von den Schiffstrümmern aber hatte ein Westwind erfaßt und trieb sie nach der Attischen Küste, welche Kolias heißt[**] ), so daß die Weissagung in Erfüllung ging, nicht nur in allem Andern, wie es über dieser Seeschlacht von Bakis[***] ) und Musäus[†] ) geweissagt worden war, sondern auch in dem, was von den hier ans Land getriebenen Schiffstrümmern viele Jahre zuvor in einer Weissagung von dem Athener Lysistratus, einem Seher, gesagt worden und allen Hellenen unverständlich geblieben war:
Dieß aber sollte geschehen nach dem Abzuge des Königs. 97. Als Xerxes die Niederlage, die ihm widerfahren, erkannt hatte, gerieth er in Furcht, es möchte einer der Ionier den Hellenen den Rath geben, oder sie selbst möchten darauf denken, nach dem Hellespont zu schiffen, um dort die Brücken abzubrechen, und würde er dann, abgeschnitten in Europa, Gefahr laufen zu Grunde zu gehen: er dachte deßhalb zu entweichen. Weil aber weder die Hellenen noch seine Leute davon etwas merken sollten, versuchte er einen Damm nach Salamis anzulegen[†††] ); er ließ Phönicische Lastschiffe zusammenbinden, damit sie statt einer Brücke und Mauer dienen sollten, und ließ zum Kampfe rüsten, wie wenn er eine zweite Seeschlacht liefern wollte. Alle Andern nun, wie sie sein Treiben sahen, glaubten fest, daß diese Rüstungen in der vollen Absicht geschahen, zu bleiben und Krieg zu führen: nur dem Mardonius, weil er am besten die Gedanken des Königs kannte, blieb nichts davon verborgen. Während nämlich Xerxes dieß that, schickte er nach Persien einen Boten mit der Nachricht von dem Unglück, das ihn betroffen. 98. Es gibt aber Nichts auf der Welt, was schneller geht, als diese Boten: und ist dieß eine persische Erfindung. Wie sie nämlich angeben, sind eben so viele Pferde und Männer, als der gesammte Weg Tagreisen hat, aufgestellt an den verschiedenen Stationen, so daß auf jede Tagreise ein Pferd und ein Mann bestimmt ist, und hält weder Schnee noch Regen, noch Hitze, noch Nacht dieselben ab, die einem Jeden vorgeschriebene Strecke Weges so schnell als möglich zu vollenden. Der erste Eilbote übergibt seine Aufträge dem zweiten, der zweite dem dritten, und so gelangt dann der Auftrag von da immer weiter von dem Einen zu dem Andern, gerade wie bei den Hellenen die Uebergabe der Fackeln an dem Feste des Hephästus. Diesen Lauf der Pferde nennen die Perser Angareion[*] ). 99. Die erste Nachricht, welche nach Susa gekommen war, daß Xerxes im Besitze von Athen sei, hatte die dort zurückgebliebenen Perser in solche Freude versetzt, daß sie alle Straßen mit Myrtenzweigen bestreuten und Rauchwerk verbrannten und selbst in Freuden und in Wonne sich ergingen. Als aber die zweite Botschaft zu ihnen kam, geriethen sie in solche Bestürzung, daß Alle ihre Kleider zerissen[*] ) und ein unendliches Geschrei und Wehklagen erhoben, indem sie die Schuld auf den Mardonius warfen[**] ) Die Perser thaten dieß nicht sowohl aus Kummer wegen der Schiffe, sondern weil sie um Xerxes selbst besorgt waren. Und dauerte dieß fort bei den Persern während der ganzen Zeit, welche verstrich, bis Xerxes selbst durch feine Ankunft sie beruhigte. 100. Mardonius aber, als er sah, wie sehr sich Xerxes die Seeschlacht zu Herzen nahm, und zugleich argwöhnte, er denke dann aus Athen zu entweichen, bedachte bei sich, wie er es büßen werde, weil er den König zu dem Feldzug wider Hellas beredet, und wie es darum wohl besser für ihn wäre, nochmals einer Gefahr sich auszusetzen, um entweder Hellas zu unterwerfen, oder selbst rühmlich sein Leben zu endigen, das er um großer Dinge willen eingesetzt; übrigens überwog bei ihm die Ansicht, daß er Hellas unterwerfen würde. In dieser Erwägung nun machte erfolgenden Vorschlag: o Gebieter! betrübe dich nicht, und nimm dir nicht gar sehr zu Herzen das Leid, das dir zugestoßen ist. Denn nicht der Kampf der Bretter[***] ) ist es, auf welchen Alles ankommt, sondern der der Männer und der Rose. Keiner aber von denen, die schon Alles vollbracht zu haben glauben, wird aus den Schiffen ans Land kommen und es versuchen dir entgegenzutreten, eben so wenig, wie einer von diesem Festlande; diejenigen, welche uns entgegengetreten sind, haben dafür gebüßt. Wenn es dir nun gefällt, so wollen wir sogleich am Peloponnes uns vesuchen; wenn es dir aber gefällt noch zu warten, so läßt sich auch dieß thun; verliere du nur nicht den Muth; denn es gibt für die Hellenen keinen Ausweg: sie müssen durchaus dir zur Rechenschaft stehen für das, was sie jetzt und früher gethan haben, und müssen deine Unterthanen werden. Dieß nun vor Allem thue; wenn du aber wirklich beschlossen hast, selbst mit dem Heere wegzuziehen, so habe ich dafür auch noch einen andern Rath. Laß nicht zu, o König, daß die Perser den Hellenen zum Gespötte werden. Denn in Bezug auf die Perser hast du Nichts verloren, und du wirst nicht sagen können, wo wir feige Männer gewesen sind. Wenn aber Phönicier, Aegyptier[*] ), Cyprier und Cilicier feige gewesen sind, so trifft doch dieß in feiner Weise die Perser. Da also die Perser keine Schuld daran tragen, so folge du mir. Wenn du beschlossen hast, nicht zu bleiben, so kehre in deine Heimath zurück mit dem größeren Theile des Heeres: ich muß dir dann Hellas unterthänig machen, nachdem ich dazu dreißig Myriaden[**] ) deines Heeres mir auserlesen habe. 101.-102 Als dieß Xerxes gehört, hatte er, wie nach einer überstandenen Noth, seine Freude und ward heiter, dem Mardonius aber erwiderte er, er wolle sich die Sache überlegen und dann antworten, was von Beidem er thun werde. Als er nun darüber zugleich mit den dazu berufenen Persern[***] ) zu Rathe ging, beschloß er auch die Artemisia zu der Berathung kommen zu lassen, weil sie trüber allein das eingesehen, was zu thun war. Als darauf Artemisia angekommen war, ließ Xerxes die übrigen an der Berathung theilnehmenden Perser und die Lanzenträger[†] ) abtreten und sprach dann zu ihr Folgendes: Mardonius gibt mir den Rath hier zu bleiben und an dem Peloponnes mich zu versuchen, indem er behauptet, daß die Perser und das Landheer keine Schuld tragen an dem Unglück, sondern vielmehr wünschen, dir durch die That dieß zu beweisen. Dieses nun räth er mir zu thun oder er will selbst mit dreißig Myriaden, die er sich aus dem Heere auserlesen hat, Hellas mir unterwerfen; ich selbst, meint er, solle dann mit dem Rest des Heeres in meine Heimath zurückkehren. Da du nun hinsichtlich der Seeschlacht, welche vorgefallen, einen guten Rath gegeben hast, indem du mir es mißriethest mich in eine Schlacht einzulassen, so gib mir nun auch jetzt einen Rath, was ich von Beidem thun soll, um einen guten Entschluß zu fassen, Er also zog sie darüber zu Rath. Sie aber sprach zu ihm Folgendes: o König, es ist schwer, dir, da du einen Rath verlangst, das, was am besten ist, zu sagen. Unter den obwaltenden Verhältnissen jedoch scheint es mir am besten, daß du selbst zurückkehrest, Mardonius aber, wenn er will und dieß zu thun verspricht, hier zurückbleibt mit denen, mit welchen er will. Denn einerseits, wenn er das Land unterwirft, was er unterwerfen zu wollen erklärt, und wenn ihm gelingt, was er im Sinne hat, so wird es, o Gebieter, dein Werk sein, denn deine Unterthanen haben es vollbracht; andererseits, wenn das Gegentheil dessen, was Mardonius beabsichtigt, geschieht, so wird das Unglück keineswegs so groß sein, da du am Leben bleibst und Alles, was zu deinem Haus gehört, erhalten bleibt. Denn wenn du und dein Haus erhalten bist, so werden die Hellenen noch manchmal manche Kämpfe um ihrer selbst zu bestehen haben. Um den Mardonius wird man, wenn es ihm schlimm geht, sich nicht weiter kümmern, und die Hellenen, falls sie siegen, haben keinen besondern steg davongetragen, wenn sie deinen Knecht vernichtet haben; du aber wirst zurückkehren, nachdem du Athen verbrannt hast, um dessen willen du den Kriegszug unternommen hast. 103. Xerxes freute sich über den Rath: denn sie sprach gerade das aus, was er selbst dachte. Denn wenn auch alle Welt, Männer und Weiber, ihm gerathen hätte zu bleiben, er würde, nach meinem Ermessen, doch nicht geblieben sein; von einer solchen Furcht war er ergriffen. Nachdem er die Artemisia belobt, sendete er sie ab, seine Söhne nach Ephesus zu bringen; denn einige seiner Bastardsöhne waren ihm gefolgt. 104. Mit seinen Söhnen schickte erden Hermotimus als Wächter, welcher seiner Herkunft nach aus Padasus war, aber unter den Eunuchen des Königs die erste Stelle einnahm[*] ). Die Padaseer[**] ) wohnen über Halicarnaß; bei diesen Padaseern aber trug sich folgendes Ereigniß zu[***] ): Wenn den Umwohnern, allen denen, welche um diese Stadt wohnen, innerhalb einer Zeit etwas Schlimmes begegnen soll, dann bekommt dort die Priesterin der Athene einen großen Bart. Dieß war aber ihnen schon zweimal geschehen 105.-106 Von diesen Padaseern stammte Hermotimus ab, welchem für die Unbill, die er erlitten, die größeste Vergeltung zu Theil geworden ist unter Allen, welche wir fermen[†] ). Als er im Kriege gefangen verkauft wurde, kaufte ihn Panionius, ein Chier, welcher von dem gottlosesten Gewerbe sich ernährte. Denn so oft er Knaben sich verschaffen konnte von schöner Gestalt, verschnitt er sie und brachte sie dann nach Sardes und Ephesus[*] ), wo er um große Summen sie verkaufte. Denn bei den Barbaren sind die Verschnittenen, wegen ihrer Verlässigkeit in jeder Hinsicht, mehr geschätzt, als die Mannbaren. So verschnitt nun Panionius viele Andere, weil er davon sich ernährte, und darunter auch diesen. Und so kam Hermotimus, der nicht in Allem unglücklich war[**] ), von Sardes zu dem Könige mit anderen Geschenken, und im Verlaufe der Zeit stand er unter allen Eunuchen am meisten in Ansehen bei Xerxes. Als nun der König mit dem persischen Heer wider Athen aufbrach und zu Sardes sich befand, da begab sich Hermotimus um irgend eines Geschäftes willen in das Mysische Land, welches Chier bewohnen, es heißt aber Atarneus[***] ), und hier fand er den Panionius. Nachdem er ihn aber erkannt hatte, sprach er zu ihm viele freundliche Worte; zuerst zählte er ihm her alle die Güter, in deren Besitz er durch ihn gekommen, und dann versprach er ihm dafür alles mögliche Gute, das er ihm erweisen werde, wenn er sein ganzes Hauswesen dorthin schaffe und daselbst wohne: so daß Panionius bereitwillig den Vorschlag annahm und seine Kinder und sein Weib dahin brachte. Als ihn nun Hermotimus mit seiner ganzen Familie in seine Gewalt bekommen hatte, sprach er zu ihm Folgendes: O du, der du urner allen Männern von dem gottlosesten Geschäfte dein Leben fristest, was habe ich denn oder einer der Meinigen dir oder einem der Deinen Böses gethan, daß du mich aus einem Manne zu Etwas, was Nichts ist, gemacht hast? Glaubtest du denn, es werde, was du damals verübt, den Göttern verborgen bleiben? sie haben nach ihrer Gerechtigkeit dich für eine Frevelthat in meine Hände geführt, so daß du dich nicht beschweren kannst über die Strafe, die von meiner Seite dich treffen wird. Als er ihn auf diese Weise geschmäht hatte, wurden die Söhne vor sein Antlitz gebracht und Panionius genöthigt, seine eigenen Söhne, deren es vier waren, zu verschneiden; er that es auch, dazu gezwungen, und nachdem er es vollbracht, wurden die Söhne gezwungen, ihn selbst zu verschneiden. Auf diese Weise nun traf den Panionius die Vergeltung von Seiten des Hermotimus[*] ). 107. Nachdem Xerxes seine Söhne der Artemisia übergeben hatte[**] ), um sie nach Ephesus weg zu bringen, ließ er den Mardonius rufen und forderte ihn auf, aus dem Heere diejenigen, die er wolle, auszulesen, und dann solle er suchen, es dahin zu bringen, daß die Thaten den Worten entsprächen. So weit nun kam es an diesem Tage: in der Nacht aber fuhren auf Befehl des Königs die Feldherren mit ihren Schiffen von Phalerum ab heimwärts nach dem Hellespont, so schnell ein Jeder nur konnte, um die Brücke zu bewachen für den Uebergang des Königs. Als aber die Barbaren auf der Fahrt nahe bei Zoster[***] ) waren, sahen sie die kleinen Felsen, welche sich vom Festlande ins Meer hinein ziehen, für Schiffe an und ergriffen eine lange Strecke die Flucht; wie sie dann mit der Zeit erkannt, daß es keine Schiffe wären, sondern Felsen, so sammelten sie sich wieder und fetten die Fahrt fort. 108. Als es aber Tag geworden war, sahen die Hellenen, daß das Landheer an seinem Platze geblieben war, und sie gaben sich der Hoffnung hin, daß auch die Schiffe bei Phalerum wären; sie erwarteten daher eine Schlacht und rüsteten sich zur Gegenwehr. Als sie aber erfhren, daß die Schiffe abgesegelt wären, so beschlossen sie sogleich hernach, sie zu verfolgen. Von der Flotte des Xerxes sahen sie aber nichts auf ihrer Verfolgung bis Andrus[†] ), wo sie nach ihrer Ankunft sich mit einander beriethen. Themistokles nun gab seine Stimme dahin, sie sollten mitten durch die Inseln[††] ) ihren Weg nehmen, die Schiffe verfolgen, und dann in gerader Richtung nach dem Hellespont fahren, um die Brücken zu zerstören. Eurybiades aber trat mit der entgegengesetzten Ansicht auf, indem er behauptete, wenn sie die Brücken zerstören würden, würden sie damit Hellas den größten Schaden zufügen. Denn wenn der Perser abgeschnitten genöthigt wäre in Europa zu bleiben, so würde er wohl versucht sein, nicht ruhig zu bleiben, weil es ihm, wenn er ruhig bliebe, nicht möglich Sein würde, irgendwie vorwärts zu kommen in seiner Lage, und eben so wenig ein Rückweg offen bliebe, sondern sein Heer durch Hunger zu Grunde gehen werde; wenn er aber angreife und ans Werk sich halte, so könnte es wohl kommen, daß Alles in Europa, Städte wie Völker, ihm zufiele, sei es durch Eroberung oder schon vorher durch Vergleich; ihren Unterhalt würden sie in der jährlichen Ernte der Hellenen stets finden; er glaube vielmehr, es werde der Perser, nach der Niederlage zur See, nicht in Europa bleiben, und darum müsse man ihn fliehen lassen, bis er auf der Flucht in sein Land gelange; dann aber solle man ihn in seinem Lande bekämpfen. Dieser Ansicht traten auch die Feldherren der übrigen Peloponnesier bei. 109.-110 Als Themistokles einsah, daß er die Mehrzahl nicht dahin bringen werde, nach dem Hellespont zu fahren, änderte auch er seine Ansicht und wendete sich an die Athener, welche am meisten darüber ärgerlich waren, daß die Feinde entronnen seien, und daher geneigt waren, nach dem Hellespont zu fahren, auch ganz für sich allein, wenn die Uebrigen nicht wollten; zu diesen sprach er nun Folgendes: ich selbst habe es schon oftmals erlebt, und noch weit öfters habe ich gehört, daß es also gekommen ist: Männer, welche in die äußerste Noth gedrängt waren, erneuerten besiegt den Kampf und suchten die frühere Feigheit wieder gut zu machen. Wir wollen daher, nachdem wir ein so unerwartetes Glück gehabt, mit uns selbst und mit Hellas, nachdem wir eine so große Masse Menschen zurückgedrängt haben, fliehende Männer nicht weiter verfolgen. Denn nicht wir haben dieß vollbracht, sondern die Götter und die Heroen, welche es einem Einzigen Manne nicht gegönnt haben[*] ) über Asien und Europa zu herrschen, zumal er gottlos war und frevelte, da er die Heiligthümer wie das Privatgut für gleich achtete, anzündete und die Bilder der Götter niederwarf, ja sogar das Meer geißelte und Fesseln hinein warf[*] ). Darum wohlan, da es für jetzt gut mit uns steht, wollen wir lieber in Hellas bleiben und für uns selbst wie für unsere Hausgenossen sorgen; ein Jeder soll sein Haus wieder aufbauen und Sorge tragen für die Saat, nachdem er den Barbaren gänzlich vertrieben hat: mit dem beginnenden Frühling wollen wir dann nach dem Hellespont und Jonien zu schiffen. Dieses sagte er, weil er sich wollte einen Rückhalt bei den Persern verschaffen, damit er, wenn ihm selbst etwas Schlimmes von Seiten der Athener zustoße, einen Zufluchtsort habe; was denn auch später geschah[**] ). Durch diese Worte täuschte Themistokles die Athener, welche ihm folgten. Denn da er, der schon vorher für einen weisen Mann gegolten, jetzt in der That als einen weisen und klugen Mann sich gezeigt hatte, so waren sie auf jede Weise bereit, seinen Worten zu folgen. Als nun Themistokles dieselben überredet hatte, schickte er gleich nachher Männer, zu welchen er das Vertrauen hatte, auf einem Schiffe ab, daß sie, selbst wenn sie jeder Marter sich unterziehen müßten, schweigen würden von dem, was er ihnen aufgetragen hatte, dem König zu sagen. Unter diesen war auch wieder sein Sklave Sicinnus[***] ). Als diese nun nach Attika gekommen waren, so blieben die Uebrigen bei dem Fahrzeug, nur Sicinnus stieg ans Land und sagte zum Xerxes Folgendes: Themistokles, des Neokles Sohn, der Feldherr der Athener und der trefflichste und klügste unter allen der Verbündeten, hat mich geschickt, um dir zu sagen, daß Themistones der Athener, um dir einen Dienst zu erweisen, die Hellenen zurückgehalten hat, welche deine Schiffe verfolgen und die Brücken am Hellespont zerstören wollten: jetzt kannst du mit aller Ruhe den Rückzug antreten. Nachdem sie dieses gemeldet, fuhren sie wieder ab. 111. Die Hellenen aber, als sie anders beschlossen hatten und nicht mehr weiter die Schiffe der Barbaren verfolgen, noch nach dem Hellespont schiffen wollten, um die Brücken zu zerstören, blieben bei Andrus[*] ) liegen, das sie zu erobern wünschten. Denn die Andrier, welche die ersten unter den Inselbewohnern waren, von welchen Themistokles Geld verlangt hatte, gaben es nicht, sondern als Themistokles folgenden Grund ihnen vorhielt, daß die Athener gekommen wären und hätten zwei große Götter bei sich, den Peitho (Ueberredung) und die Ananke (Nothwendigkeit), darum müßten sie durchaus ihnen Geld geben, gaben sie darauf zur Antwort, daß Athen verhältnissmäßig groß und reich sei, und wohl in der besonderen Gunst guter Götter stehe, während die Andrier arm seien bis aufs Aeußerste und zwei schlimme Götter ihre Insel nicht verließen, sondern stets auf ihr zu verweilen sich gefielen, die Penia (Armuth) und die Amechania (Unmöglichkeit); die Andrier würden daher, da ihnen diese Götter zu Theil geworden, kein Geld geben, denn nimmermehr sei die Macht der Athener stärker als ihre eigene Ohnmacht. Auf diese Antwort hin wurden sie, da sie kein Geld gaben, belagert. 112. Themistokles aber, denn sein Verlangen nach Geld ließ ihn nicht ruhen, schickte auch nach den übrigen Inseln solche Drohungen und verlangte Geld durch dieselben Boten, wobei er dieselbe Sprache führte, die er bei den Andriern geführt hatte, indem er erklärte, wenn sie nicht die verlangte Summe geben würden, so würde er das Heer der Hellenen gegen sie führen und durch eine Belagerung sie einnehmen. Durch diese Reden nun brachte er große Summen zusammen von den Karystiern[**] ) und Pariern[***] ), welche, da sie erfuhren, daß Andrus wegen seiner medischen Gesinnung belagert werde, und Themistokles unter den Feldherren im größesten Ansehen stehe, dieses Geld aus Furcht schickten. Ob nun aber auch etliche andere von den Inselbewohnern Geld gaben, vermag ich nicht anzugeben; ich glaube aber, daß noch einige andere gegeben haben, und nicht diese allein. Indessen blieben dadurch keineswegs die Karystier von dem Unheil verschont[*] ); die Parier aber, nachdem sie den Themistokles mit Geld beschwichtigt hatten, entgingen dem Heer. So trieb nun Themistokles, von Andrus ausziehend, Geld von den Inselbewohnern ein ohne Wissen der übrigen Feldherren. 113. Xerxes mit seinem Heere wartete nach der Seeschlacht nur noch wenige Tage[**] ) und zog dann auf demselben Wege (auf dem er gekommen) ab nach Böotien. Mardonius nämlich hatte beschlossen, einerseits den König zu geleiten, andererseits aber schien ihm die Zeit des Jahres nicht mehr günstig zu einer Kriegführung, er hielt es daher für besser, in Thessalien zu überwintern[***] ) und alsdann mit dem anbrechenden Frühling den Peloponnes anzugreifen. Als nun Mardonius nach Thessalien gekommen war, da wählte er sich aus zuerst alle die Perser, welche die Unsterblichen heißen, mit Ausnahme ihres Feldherrn Hydarnes[†] ); denn dieser erklärte, er werde den König nicht verlassen; hernach von den übrigen Persern die Geharnischten[††] ) und die tausend Mann zu Pferde[†††] ), dann Meder und Saker, Baktrier und Inder[§] ), und zwar Fußvolk wie Reiterei. Diese Völker nahm er sich ganz: von den übrigen Verbündeten wählte er immer nur Wenige aus und nahm er nur solche, welche an Gestalt hervorragten, und solche, von denen er wußte, daß sie etwas Tüchtiges geleistet hatten. Es waren aber unter denen, die er wählte, Perser das zahlreichste Volk, Männer, welche Halsketten und Spangen gen, hernach aber Meder; diese waren zwar an Zahl nicht geringer als die Perser, aber schwächer an Kraft, und belief sich die gesammte Zahl auf dreimalhunderttausend sammt der Reiterei. 114. Während dieser Zeit, in welcher Mardonius sein Heer auswählte und Xerxes in Thessalien sich befand war den Lacedämoniern aus Delphi ein Orakel zugekommen, sie sollten von Xerxes Genugthuung verlangen wegen der Ermordung des Leonidas, und das, was von ihm gegeben werde, annehmen. Die Spartaner schickten nun schleunigst einen Herold ab, welcher, da er noch das ganze Heer in Thessalien traf, vor das Angesicht des Xerxes kam und Folgendes zu ihm sagte: König der Meder! die Lacedämonier und Herakliden von Sparta verlangen Genugthuung einen Mord, weil du ihren König, als er Hellas vertheidigte, erschlagen hast. Dieser aber lächelte und hielt längere Zeit an sich; darauf, weil gerade Mardonius bei ihm stand, wies er auf diesen und sprach: Fürwahr dieser Mardonius wird schon solche Genugthuung geben, wie sie jenen ziemt: worauf der Herold das Wort annahm und sich entfernte. 115. Xerxes aber, nachdem er den Mardonius in Thessalien zurückgelassen hatte, reiste dann in aller Eile nach dem Hellespont, wo er an dem Orte des Uebergangs in fünfundvierzig Tagen ankam, mit einem Theil seines Heeres, der so zu sagen Nichts war. Wo sie nämlich auf ihrem Zuge sich befanden, und bei welchen Leuten nur immer, da raubten sie deren Frucht und verzehrten sie; fanden sie aber keine Frucht, so aßen sie das Gras, das aus der Erde wächst, und die Rinde der Bäume, die sie abschälten, und die Blätter, die sie abpflücken auf gleiche Weise von zahmen, wie wilden Bäumen, und liegen Nichts übrig; sie thaten dieß aber aus Hunger. Und eine Pest, welche das Heer befiel, und eine Ruhr raffte es auf dem Wege vollends dahin. Einige von seinen Leuten ließ Xerxes auch krank zurück, mit dem Befehl an die Städte, wo er jedesmal auf seinem Zug sich befand, denselben Sorge und Unterhalt zu geben, einige in Thessalien, zu Siris[*] ) in Päonien und in Macedonien. Dort hatte er auch den heiligen Wagen des Zeus[**] ) zurückgelassen, als er auf dem Zuge nach Hellas war, auf dem Rückweg erhielt er ihn aber nicht wieder, sondern die Päonier[***] ), welche ihn den Thraciern gegeben hatten, erklärten, als Xerxes ihn wieder verlangte, die Pferde seien auf der Weide von den oberen Thraciern, welche um die Quer: des Strymon wohnen, geraubt worden. 116. Dort hat auch der König der Bisaltier[†)] und des Krestonischen Landes[††] ), ein Thracier, eine gräuliche That verübt; er erklärte nämlich, daß er selbst freiwillig dem Xerxes sich nicht unterwerfen werde, sondern eilte aufwärts nach dem Gebirge Rhodope[†††] ), und untersagte seinen Söhnen, wider Hellas zu Felde zu ziehen. Diese aber kümmerten sich darum nicht, oder auch sie hatten sonst eine Lust bekommen, den Krieg mit anzusehen, und zogen in's Feld zugleich mit dem Perser. Als aber alle unverletzt zurückkamen, es waren ihrer sechs, so ließ der Vater um dieser Ursache willen ihnen die Augen ausstechen. Und diese nun empfingen ihren Lohn. 117. Sowie nun die Perser aus Thracien aus ihrem Zuge an die Ueberfahrt gekommen waren, setzten sie eilends auf ihren Schiffen über den Hellespont nach Abydus: denn sie fanden die Schiffbrücken nicht mehr zusammen, sondern von dem Sturme auseinander gerissen. Indem sie nun hier verweilten und, weil sie mehr Lebensmittel als auf dem Wege vorfanden, übermäßig sich anfüllten, so starben auch in Folge des Wechsels des Wassers Viele von dem zurückgebliebenen Heere. Die übrigen aber gelangten mit Xerxes nach Sardes. 118. Es wird auch noch eine andere Erzählung darüber berichtet, folgendermaßen: Als Xerxes auf dem Rückzug von Athen nach Eion am Strymon[*] ) angekommen war, so nahm er von da nicht mehr den Weg zu Lande, sondern übergab dem Hydarnes das Heer nach dem Hellespont zu führen; er selbst aber bestieg ein phönicischen Schiff und fuhr mit demselben nach Asien; auf dieser Fahrt soll ihn ein heftiger und stürmischer Wind vom Strymon her[**] ) überfallen haben, und als der Sturm immer mehr tobte, das Schiff aber angefüllt war, weil zahlreiche Perser, welche mit Xerxes die Reise machten, sich auf dem Verdeck befanden, da wäre es dem König bange geworden, und hätte er dem Steuermanne gerufen und ihn gefragt, ob noch für sie irgend eine Rettung vorhanden sei; worauf dieser ausgerufen: : o Gebieter, es ist keine Rettung vorhanden, wenn nicht das Schiff von den vielen Leuten, welche darauf sich befinden, in Etwas erleichtert wird! Als Xerxes dies vernommen, soll er ausgerufen haben: Ihr Perser! jetzt kann ein Jeder von Euch zeigen, daß er für seinen König besorgt ist: denn von Euch, wie es scheint, hängt meine Rettung ab. Kaum hatte er dies gesagt, so wären diese vor ihm niedergefallen und dann in das Meer gesprungen; das Schiff aber, auf diese Weise erleichtert, wäre dann nach Asien gerettet worden. Sowie aber Xerxes an das Land getreten war, habe er Folgendes gethan: den Steuermann, weil er das Leben des Königs gerettet, habe er mit einem goldenen Kranze beschenkt, dann aber, weil er viele Perser zu Grunde gerichtet, ihm den Kopf abschlagen lassen. 119. Diese andere Erzählung, welche noch über die Rückkehr des Xerxes berichtet, erscheint mir indessen keineswegs glaubwürdig, weder im Uebrigen, noch in Bezug auf das, was den Persern widerfahren ist. Denn wenn von dem Steuermann wirklich dies zu dem König gesagt worden ist, so glaube ich, daß unter vielen Tausenden von Meinungen darüber nicht eine einzige mit meiner Meinung im Widerspruch steht, daß nämlich der König etwas der Art nicht gethan haben würde; er würde vielmehr diejenigen, welche Perser waren und die ersten unter den Persern, vom Verdecke haben herabsteigen lassen in den untern Schiffsraum, aber von den Ruderern, welche Phönicier waren, hätte er eine den Persern gleiche Anzahl in das Meer werfen lassen. Indessen, wie auch schon vorher von mir bemerkt worden ist, Xerxes nahm mit dem übrigen Heer den Weg zu Lande und kehrte so nach Asien zurück. 120. Auch folgendes ist dafür ein Hauptbeweis. Xerxes ist nämlich offenbar auf den Rückweg nach Abdera[*] ) gekommen, wo er mit den Bewohnern Gastfreundschaft schloß, und sie mit einem goldenen Degen und einer goldgewirkten Tiara beschenkte; und hier war es, wo er, wie die Abderiten behaupten, was mir jedoch keineswegs glaubwürdig erscheint, zum erstenmal seit seiner Flucht von Athen den Gürtel löste, weil er sich nun in Sicherheit glaubte. Abdera liegt aber näher dem Hellespont zu, als der Strymon und als Eion, wo er sich nach jener Angabe eingeschifft haben soll. 121. Da die Hellenen nicht im Stande waren, Andrus wegzunehmen wendeten sie sich nach Karystus[**] ), verheerten das Land der Einwohner und kehrten dann nach Salamis zurück. Hier nun zuerst wählten sie aus für die Götter nicht nur andere Erstlinge, sondern auch drei Phönicische Dreiruderer, von welchen sie den einen nach dem Isthmus[***] ) weiheten, wo er noch bis zu meiner Zeit war, den anderen nach Sunium[†] ) und den dritten dem Aias[††] ) hierher nach Salamis. Hernach vertheilten sie die Leute und schickten nach Delphi die Erstlinge, aus welchen das Standbild eines Mannes gemacht wurde, welcher in der Hand einen Schiffsschnabel hatte, und zwölf Ellen[*] ) groß war: es steht dasselbe da, wo die Statue des Macedoniers Alexander aus Gold steht. 122. Nachdem aber die Hellenen die Erstlinge nach Delphi geschickt hatten, befragten sie gemeinsam den Gott, ob die Erstlinge, die er erhalten, voll und befriedigend wären. Darauf erklärte der Gott, die der übrigen Hellenen wären es, die der Aegineten aber nicht, sondern er verlangte von ihnen Etwas für den Kampfpreis in der Seeschlacht von Salamis[**] ). Wie dieß die Aegineten vernahmen, weiheten sie goldene Sterne, welche auf einem ehernen Mast stehen in dem Winkel, ganz nahe bei dem Mischkrug des Krösus[***] ). 128. Nach der Vertheilung der Beute fuhren die Hellenen nach dein Isthmus, um dem, der unter den Hellenen in diesem Kriege am würdigsten sich gezeigt, den Kampfpreis zu ertheilen. Wie nun die Feldherren nach ihrer Ankunft die Steinchen zur Abstimmung am Altare des Poseidon unter sich vertheilten, um damit den ersten und den zweiten von allen zu bestimmen, da gab ein Jeder von ihnen sich selber die Stimme, weil Jeder selbst glaubte, er wäre der beste gewesen, bei der zweiten Abstimmung fiel die Mehrheit der Stimmen dem Themistokles zu. auf diese Weise nun hatte ein Jeder eine einzige Stimme, für den zweiten Preis aber hatte Themistokles bei weitem die Mehrzahl. 124. Wiewohl nun die Hellenen aus gegenseitigem Neid darüber keine Entscheidung treffen wollten, sondern abfuhren, ein Jeder in seine Heimath, ohne Entscheid der Sache, so war doch Themistokles in aller Mund und galt dafür, unter den Hellenen bei weitem der klügste Mann zu sein in ganz Hellas. Weil er aber, obgleich Sieger, von denen die bei Salamis zur See gestritten hatten, nicht geehrt worden war, so begab er sich gleich darauf nach Lacedämon, weil er hier geehrt zu sein wünschte. Auch empfingen ihn die Lacedämonier glänzend und beehrten ihn sehr. Dem Eurybiades ertheilten sie den Kampfpreis der Tapferkeit, nämlich einen Olivenkranz; dem Themistokles dagegen den der Klugheit und Gewandtheit, ebenfalls einen Olivenkranz. Dann beschenkten sie ihn noch mit dem schönsten Wagen[*] ), welcher zu Sparta war, und unter vielen Lobeserhebungen geleiteten ihn, als er abreiste, dreihundert auserlesene Spartaner[**] ), die, welche die Ritter genannt werden, bis zur Tegeatischen Grenze[***] ). Diesen allein unter allen Menschen, die wir kennen, geleiteten die Spartaner auf solche Weise. 125. Als er aber von Lacedämon nach Athen kam, da schalt Timodemus aus Aphidnä[†] ), welcher einer von den Feinden des Themistokles war, sonst aber keiner von den angesehenen Männern, weil er vor Neid ganz außer sich war, den Themistokles, indem er ihm die Reise nach Lacedämon vorhielt, da er vielmehr um Athens willen und nicht um seiner Person willen diese Ehren von den Spartanern erhalten. Als nun Timodemus mit diesen Vorwürfen gar nicht enden wollte, rief er aus: Allerdings steht die Sache so; wäre ich ein Belbinite, so würde ich ebensowenig geehrt worden sein von den Spartanern, wie du, gemeiner Mensch, wenn du ein Athener wärest[††] ). So viel darüber. 126. Artabazus[*] ) aber, des Pharnakes Sohn, der ein Mann von Ansehen unter den Persern schon vorher war, nach der Schlacht bei Platää es aber noch mehr ward[**] ), geleitete mit sechzigtausend Mann von dem Heere, welches Mardonius ausgewählt hatte, den König bis zu dem Uebergang[***] ). Und als dieser in Asien war, er aber auf der Rückkehr bei Pellene[†] ) sich befand, so dachte er, weil Mardonius in Thessalien und Macedonien überwinterte und ihn gar nicht drängte, zu dem übrigen Heere zu stoßen, es sei unrecht, wenn er, da er auf die abgefallenen Potidäaten[††] ) gestoßen war, sie nicht unterwerfe und zu Sklaven mache. Die Potidäaten nämlich waren, als der König an ihnen vorbeigezogen und die persische Seemacht von Salamis entflohen war, ganz offen von den Barbaren abgefallen; ebenso auch die übrigen, welche Pellene innehaben. 127. Darauf begann nun Artabazus die Belagerung von Potidäa, und weil er auch die Olynthier[†††] ) in dem Verdacht hatte eines Abfalls vom König, so fing er auch die Belagerung dieser Stadt an; es hatten nämlich die Bottiäer[*] ), welche von dem Thermaischen Meerbufen[**] ) weg vertrieben worden waren durch die Macedonier, diese Stadt inne. Als er dann durch eine Belagerung sich der Stadt bemächtigt hatte, führte er die Bewohner heraus an den See und schlachtete sie ab, die Stadt aber übergab er dem Kritobulus aus Torone zur Verwaltung und dem Chalcidischen Stamme[***] ). Und kamen die Chalcidier in den Besitz von Olynthus. 128. Nach der Wegnahme dieser Stadt warf sich Artabazus mit aller Macht auf Potidäa. Während er aber mit Eifer sich daran hielt, verständigte sich mit ihm zu einem Verrath Timoxeinus, der Feldherr der Scionäer[†] ), auf welche Weise von Anfang an, vermag ich nicht zu sagen: denn es wird darüber Nichts berichtet: zuletzt jedoch geschah Folgendes: So oft Timoxeinus einen Brief geschrieben hatte, den er an Artabazus schicken wollte, oder Artabazus einen an Timoxeinus, so wickelten sie den Brief um die Kerben eines Pfeils und befiederten ihn, alsdann schossen sie ihn an den verabredeten Ort. Aber Timoxeinus wurde, als er Potidäa auf diese Weise verrathen wollte, entdeckt. Artabazus nämlich schoß nach dem verabredeten Ort, verfehlte aber diese Stelle und traf einen Mann von Potidäa an der Schulter. Um den Getroffenen lief, wie es im Krieg zu geschehen pflegt, das Volk zusammen, man nahm sofort den Pfeil, und als man den Brief bemerkte, brachte man ihn zu dem Feldherrn. Es waren nämlich auch Bundesgenossen der übrigen Pallenäer in der Stadt anwesend. Als nun die Feldherren den Brief gelesen und daraus den des Verraths Schuldigen erkannt hatten, beschlossen sie dennoch, den Timoxeinus nicht in eine Anklage wegen des Verraths zu verwickeln, um der Stadt der Scionäer willen, damit die Scionäer nicht auf alle folgende Zeit stets für Verräther gehalten werden möchten. Auf solche Weise nun war dieser entdeckt worden. 129. Nachdem dem Artabazus über der Belagerung drei Monate verstrichen waren, trat eine große Ebbe des Meeres ein, welche lange Zeit anhielt. Wie die Barbaren nun bemerkt hatten, daß dadurch ein Sumpf entstanden war; rückten sie heran nach Pallene. Als sie aber zwei Theile des Weges zurückgelegt hatten und drei andere noch übrig waren, welche sie noch zu machen hatten, um in Pallene zu sein, überfiel sie eine große Fluth des Meeres, wie sie, nach Versicherung der Eingeborenen, nie gekommen war, so oft sie auch eintritt. Diejenigen nun von ihnen, welche nicht schwimmen konnten, gingen zu Grunde; die aber, welche zu schwimmen verstanden, wurden von den Potidäaten, welche auf Kähnen herbeiführen, erschlagen. Nach der Angabe der Potidäaten war aber die Ursache dieser Ebbe und Fluth und dieser Niederlage der Perser Folgendes: es hatten die Perser und zwar diejenigen, welche auch von dem Meere zu Grunde gerichtet wurden, sich vergangen an dem Tempel und an dem Bild des Poseidon in der Vorstadt: und glaube ich auch, sie haben recht, wenn sie die Ursache angeben[*] ). Die übrig gebliebenen führte Artabazus nach Thessalien zu dem Mardonius. Also war es denen ergangen, welche den König begleitet hatten. 130. Der noch übrig gebliebene Theil der Flotte des Xerxes, als er auf der Flucht nach Salamis Asien sich genähert und den König und dessen Heer vom Chersones nach Abydus übergesetzt hatte, überwinterte dann bei Kuma; mit dem Anbruch des Frühlings[**] ) aber sammelte er sich zeitig nach Samus, wo auch einige von den Schiffen überwintert hatten. Die Besatzung der Schiffe bestand der Mehrzahl nach aus Persern und Medern; zu Feldherren bekamen sie den Mardontes[***] ), des Bagäus Sohn, und den Artayntes, des Artachäus Sohn: zugleich mit diesen befehligte auch Isthamitres[†] ), des Artayntes, der ihn selbst dazu gewählt hatte, Neffe. Weil sie nämlich so schwer gelitten hatten, gingen sie nicht weiter nach Abend ;u vor, und es nöthigte sie auch dazu Niemand, sondern sie blieben bei Samus liegen und bewachten Jonien, damit es nicht abfalle, in Allem dreihundert Schiffe sammt den Jonischen. Auch erwarteten sie keineswegs, daß die Hellenen nach Jonien kommen, sondern sich begnügen würden, ihr eigenes Land zu bewachen, was sie daraus abnahmen, daß diese sie auf der Flucht von Salamis nicht verfolgt hatten, sondern gerne nach Hause gezogen waren. In Bezug auf das Meer nun dachten sie nicht mehr an einen Sieg, zu Lande aber, glaubten sie, werde Mardonius große Siege erringen. Wie sie nun bei Samus waren, berathschlagten sie mit einander, ob sie den Feinden irgend einen Schaden zufügen könnten, dann aber auch waren sie auf der Lauer, wie das Unternehmen des Mardonius ausgehen werde. 131. Die Hellenen aber setzte ebensosehr der kommende Frühling, wie Mardonius, der in Thessalien sich befand, in Bewegung. Das Landheer war noch gar nicht versammelt, die Flotte aber kam nach Aegina, an Zahl hundert und zehn Schiffe, Feldherr und Admiral war Leutychides[*] ), der Sohn des Menares, des Sohnes des Hegesilaus, des Sohnes des Hippokratides, des Sohnes des Leutychides, des Sohnes des Anaxilas, des Sohnes des Archidamus, des Sohnes des Anaxandrides, des Sohnes des Theopompus, des Sohnes des Nicander, des Sohnes des Charyllus, des Sohnes des Eunomus, des Sohnes des Polydektes, des Sohnes des Prytanis, des Sohnes des Eurypon, des Sohnes des Prokles, des Sohnes des Aristodemus, des Sohnes des Aristomachus, des Sohnes des Kleodäus, des Sohnes des Hyllus, des Sohnes des Herakles; er gehörte nämlich zu dem anderen Königshause[**] ). Alle diese, mit Ausnahme der beiden nach Leutychides zuerst genannten, waren Könige von Sparta gewesen. 132. Die Athener befehligte Xanthippus[*] ), der Sohn des Ariphron. Als aber alle Schiffe nach Aegina gekommen waren, kamen in das Lager der Hellenen Boten der Ionier, welche auch nach Sparta kurz zuvor gekommen waren mit dem Ansuchen an die Lacedämonier, Jonien zu befreien; unter diesen befand sich auch Herodotus[**] ), des Basileides Sohn. Es waren ihrer anfänglich sieben, welche sich miteinander verschworen hatten, um den Strattis, den Tyrannen von Chius[***] ), zu ermorden; als aber ihr Anschlag entdeckt war, indem einer der Theilnehmer denselben verrieth, so entwichen die Uebrigen, deren es sechs waren, heimlich aus Chius und kamen nach Sparta und damals auch nach Aegina, mit dem Ansuchen an die Hellenen, nach Jonien zu schiffen; sie brachten sie aber nur bis Delus. Denn weiter hinaus kam den Hellenen Alles bedenklich vor, weil sie die Gegend nicht kannten und überdem glaubten, es sei dort alles voll von Truppen[†] ); Samus aber, dachten sie in ihrem Sinne, wäre gleich weit entfernt, wie die Säulen des Herakles[*] ). So kam es denn, daß die Barbaren es nicht wagten, nach Abend hin über Samus hinauszufahren aus Furcht, die Hellenen aber, ungeachtet der Bitten der Chier, nicht nach Osten zu über Delus hinausschiffen wollten. So schützte Furcht Alles das, was zwischen beiden in der Mitte lag. 133. Die Hellenen nun schifften nach Delus; Mardonius aber überwinterte in Thessalien; und von hier aus schickte er an die verschiedenen Orakel einen Mann, dessen Name Mys war, seiner Abkunft nach aus Europus[**] ), und trug ihm auf, nach allen Orten hinzugehen und alle die Orakel zu befragen, an welche es ihm möglich wäre, sich zu wenden. Was er, indem er ihm diesen Auftrag gab, von den Orakeln erfahren wollte, vermag ich nicht anzugeben; denn es wird darüber nun einmal nicht berichtet; ich denke mir aber, daß er dahin schickte, um über die gegenwärtige Lage und nicht über andere Dinge Etwas zu vernehmen. Dieser Mys kam wirklich nach Lebadea[***] ), wo er einen der Eingeborenen durch Geld bewog, hinunterzusteigen zu dem Trophonis, und dann kam er auch nach Abä[*] ) im Phokerlande zu dem dortigen Orakel; darauf kam er auch nach Theben, wo er zuerst an das Orakel des Apollo Ismenius[**] ) sich wendete (hier nämlich kann man, wie zu Olympia, aus den Opfern das Orakel entnehmen)[***] ), hernach aber beredete er um Geld einen Fremden, der kein Thebaner war, und ließ ihn in dem Tempel des Amphiaraus[†] ) schlafen; es ist nämlich keinem Thebaner erlaubt, dort ein Orakel sich zu holen, aus folgendem Grunde: Amphiaraus hatte in einem Orakelspruch sie aufgefordert, sich zu erklären, was sie von beidem lieber wollten, ob sie ihn als Seher oder als Bundesgenossen haben wollten: eins von beiden müßten sie lassen. Da wollten sie ihn lieber zu ihrem Bundesgenossen haben: und deswegen ist es keinem Thebaner erlaubt, hier einzuschlafen. 135. Das größte Wunder ist mir aber folgendes nach der Erzählung der Thebaner. Dieser Mys aus Europus kam nun auf dem Besuche aller der Orakel auch zu dem Heiligthum des Ptoischen Apollo[*] ). Dieses Heiligthum nämlich heißt zwar das Ptoische, gehört aber den Thebanern: es liegt über dem Kopaischen See an einem Berge ganz nahe bei der Stadt Akraiphia. Als nun der genannte Mys in dieses Heiligthum eintrat, folgten ihm drei Männer, unter ihren Mitbürgern ausgewählt von der Gemeinde, um das, was der Gott weissagen würde, aufzuschreiben. Und sofort soll der Oberpriester in barbarischer Sprache geweissagt haben, worüber die Thebaner, die ihm folgten, sich sehr verwunderten, als sie statt der hellenischen eine barbarische Sprache vernahmen, und gar nicht wußten, was sie in vorliegendem Falle thun sollten: da habe Mys von Europus ihnen die Tafel, welche sie bei sich führten, weggerissen und das, was von dem Oberpriester gesagt worden, darauf geschrieben, wobei er bemerkt, jener weissage in Karischer Sprache; nachdem er aber es aufgezeichnet, sei er davongeeilt nach Thessalien. 136. Nachdem dann Mardonius gelesen hatte, was der Orakelspruch besagte, schickte er hernach als Boten nach Athen den Alexander, den Sohn des Amyntas, einen Macedonier, einerseits weil die Perser mit ihm verwandt waren[**] ); denn Gygäa, des Alexanders Schwester und des Amyntas Tochter, hatte Bubares, ein Perser, zur Frau, von welcher ihm Amyntas, der in Asien sich befand, geboren worden war; dieser hatte den Namen seines Großvaters mütterlicher Seits, welchem von dem Könige die große Stadt Alabanda[***] ) in Phrygien geschenkt worden war );[†] andererseits aber schickte ihn auch Mardonius, weil er gehört hatte, daß er ein Gastfreund der Athener sei[*] ) und ihr Wohlthäter[**] ). Denn er meinte, daß er auf diese Weise am ersten die Athener gewinnen werde, zumal er hörte, daß sie ein zahlreiches und tapferes Volk seien; auch wußte er, daß die Athener hauptsächlich die Ursache des Unglücks gewesen, welches die Perser zur See betroffen hatte. Würden aber diese auf seine Seite treten, so hoffe er mit Leichtigkeit Herr der See zu werden: was auch wohl der Fall gewesen wäre; zu Lande glaubte er ohnehin, ihnen bei weitem überlegen zu sein. Also dachte er die Oberhand zu gewinnen über die Macht von Hellas. Vielleicht aber auch verkündigten ihm dieß die Orakelsprüche, welche ihm den Rath gaben, den Athener zu seinem Verbündeten zu machen: im Vertrauen darauf nun sendete er diesen ab. 137. Dieses Alexander siebenter Ahnherr ist Perdikkas[***] ), welcher die Alleinherrschaft über die Macedonier auf folgende Weise gewonnen hatte. Aus Argos flohen zu den Illyriern drei Brüder von den Nachkommen des Temenus[†] ): Gauanes, Aeropus und Perdikkas: von den Illyriern gingen sie herüber nach dem oberen Macedonien und kamen nach der Stadt Lebäa[*] ), wo sie bei dem Könige um Lohn dienten; der eine weidete Pferde, der andere Rinder, der Jüngste von ihnen aber, Perdiktas, das Kleinvieh[**] ). Es waren aber vor Alters auch die Herrscher unter den Menschen arm an Gütern, nicht blos das Volk; wie denn das Weib des Königs selbst ihnen das Brod bereitete[***] ). So oft nun das Brod des jungen Arbeiters Perdikkas gebraten wurde, ward es immer noch einmal so groß; und da sich dieß immer wiederholte, sagte sie es ihrem Mann. Diesem, wie er es vernommen, kam sogleich der Gedanke, daß dieß ein Wunderzeichen sei und auf etwas Großes sich beziehe. Er rief also seine Taglöhner zusammen und befahl ihnen, sich zu entfernen aus seinem Lande. Diese aber erklärten ihm, wenn sie den Lohn empfangen, zu dem sie berechtigt wären, würden sie abziehen. Da rief der König, als er von dem Lohne gehört hatte — es schien nämlich gerade die Sonne in das Haus bei dem Rauchfang[†] ) — wie wenn er den Verstand verloren hätte, aus: ich gebe euch diesen Lohn, der euer würdig ist, und dabei zeigte er auf die Sonne. Gauanes nun und Aeropus, die älteren Brüder, standen erschrocken da, als sie dieß gehört hatten; der kleine aber, der gerade ein Messer in der Hand hatte, sprach Folgendes: o König, wir nehmen an, was du giebst, und dabei umschrieb er mit dem Messer in dem Estrich den Kreis der Sonne. Nachdem er dieß gethan, schöpfte er von dem Kreis der Sonne dreimal in seinen Busen[††] ) und zog dann fort, er selbst und seine Brüder mit ihm. Diese zogen nun fort: dem Könige aber bedeutete einer seiner Räthe, was der Junge für eine Sache gethan, und wie der Jüngste von Jenen mit Bedacht das, was angeboten, genommen habe. Als er dieses gehört hatte, gerieth er in Zorn und schickte nach jenen Reiter, welche sie umbringen sollten. Es ist aber in dieser Gegend ein Fluß[*] ), welchem die Nachkommen dieser Männer von Argos als ihrem Erretter opfern. Als nämlich die Temeniden über denselben gesetzt hatten, schwoll er zu einer solchen Größe an, daß die Reiter nicht im Stande waren, darüber zu setzen. Jene aber kamen in eine andere Gegend von Macedonien und wohnten nahe bei den Gärten, welche die Gärten des Midas[**] ) sein sollen, des Sohnes des Gordias, in welchen Rosen von selbst wachsen, deren eine jede sechzig Blätter hat, die auch an Geruch alle anderen übertreffen. In diesen Gärten wurde auch der Silen gefangen[***] ), wie von den Macedoniern erzählt wird. Ueber diesen Gärten liegt ein Gebirge, mit Namen Bermion, das vor Kälte unzugänglich ist. Nachdem sie diese Gegend in Besitz genommen, unterwarfen sie von hier aus sich auch das übrige Macedonien. 139. Von diesem Perdikkas nun stammte Alexander in folgender Weise ab: des Amyntas Sohn war Alexander, Amyntas aber der Sohn des Alketes, dessen Vater Aeropus war, dessen Vater Philippus, des Philippus Vater Argäus, dessen Vater der Perdikkas, welcher die Herrschaft erworben hatte. Dieß also ist die Abstammung Alexanders, des Sohnes des Amyntas[*] ). 140. Als dieser nun, von Mardonius abgeschickt, nach Athen gekommen war, sprach er Folgendes: Ihr Athener, Mardonius läßt euch Folgendes sagen: Eine Botschaft ist mir vom König gekommen, welche also lautet: ich erlasse den Athenern alle die Frevel, die mir von denselben angethan worden sind: und jetzt, Mardonius, thue du also: gieb ihnen ihr Land zurück, dann aber sollen sie sich noch anderes dazu wählen, was sie nur wollen, und frei nach ihren eigenen Gesetzen leben; baue ihnen auch, wenn sie mit mir sich verständigen wollen, alle Tempel, so viele ich deren verbrannt habe, wieder auf. Da mir nun diese Weisung zugekommen, so muß ich durchaus danach thun, wenn ihr nicht entgegen seid. Ich sage euch aber nun Folgendes: Was seid ihr jetzt so toll, Krieg wider den König zu erheben? Denn ihr möchtet ihn wohl nicht bewältigen, noch seid ihr im Stande, auf alle Zeit hin Widerstand zu leisten. Denn ihr kennt ja die Menge des Heeres des Xerxes und dessen Thaten, ihr wißt auch, welche Macht jetzt bei mir sich befindet, so daß, auch wenn ihr die Oberhand gewinnt und Sieger seid (wozu ihr indeß keine Hoffnung habt, wenn ihr anders vernünftig seid), ein anderes noch viel größeres Heer erscheinen wird. Darum denkt doch nicht daran, euch dem König gleich zu stellen, um euer Land zu verlieren und stets für euch selbst Gefahr zu laufen, sondern söhnt euch mit ihm aus: ihr habt aber jetzt die schönste Gelegenheit, euch auszusöhnen, da der Königin solcher Weise euch entgegenkommt. Ihr seid frei, wenn ihr mit uns einen Bund eingeht ohne List und Trug. (§ 2.) Dieß, o Athener, hat Mardonius mir aufgetragen euch zu sagen. Ich aber will von dem Wohlwollen, das ich zu euch hege, gar nicht reden: denn es wäre nicht zum erstenmal, daß ihr dies hört; ich bitte euch aber, dem Mardonius zu folgen; denn ich sehe nicht ein, wie ihr im Stande sein werdet, auf alle Zeit hin mit dem Xerxes Krieg zu führen. Denn wenn ich dies bei euch für möglich ansähe, so würde ich gar nicht zu euch gekommen sein mit diesen Vorschlägen. Ist doch des Königs Macht eine übermenschliche, und seine Hand reicht noch so weit. Wenn ihr nun nicht sogleich einen Vergleich eingeht, wo man große Anerbietungen euch macht, und darauf einen Vergleich eingehen will, so fürchte ich für euch, da ihr unter allen Verbündeten am meisten an der Heeresstraße wohnt und stets allein allen Schaden zu tragen habt, indem das Land, das ihr besitzet, wie ein Platz erscheint, ausgewählt zwischen zwei kämpfenden Heeren. Darum folget, denn es muß euch doch viel werth sein, daß der große König euch allein unter den Hellenen eure Vergehungen erlassen und euer Freund werden will. Dieses nun sagte Alexander. 141.-142 Als aber die Lacedämonier erfahren hatten, daß Alexander nach Athen gekommen sei, um die Athener zu einem Vergleich mit den Barbaren zu bewegen, gedachten sie der Weissagungen, wonach sie zugleich mit den übrigen Dorern aus dem Peloponnes durch Meder und Athener vertrieben werden sollten, und weil sie in großer Besorgniß waren, es möchten die Athener einen Vergleich mit den Persern eingehen, so beschlossen sie sogleich Gesandte abzusenden. Und so traf es sich denn zusammen, daß die Einführung beider zu gleicher Zeit stattfand. Die Athener hatten nämlich gewartet und gezögert, weil sie wohl dachten, es würden die Lacedämonier erfahren, daß von dem Barbaren ein Gesandter gekommen mit der Absicht eines Vergleichs, und dann, wenn sie es erfahren, schleunigst Gesandte abschicken. Mit Fleiß nun thaten sie dieß, um den Lacedämoniern ihre Gesinnung kund zu geben. Als daher Alexander zu reden aufgehört hatte, nahmen die Gesandten von Sparta das Wort und sprachen: Die Lacedämonier haben uns geschickt, um euch zu bitten, keine Neuerung zu machen in Hellas und die Vorschläge von dem Barbaren nicht anzunehmen. Denn es ist dieß nimmermehr recht, und steht ebensowenig anderen Hellenen an, wie euch wahrhaftig, ja euch am wenigsten unter Allen, aus vielen Gründen. Denn ihr habt den Krieg erregt[*] ), den wir gar nicht wollten, und um eure Herrschaft ist der Krieg entstanden, welcher jetzt über das ganze Hellas sich erstreckt. Und daß die Athener an dem Allem und auch noch an der Knechtschaft der Hellenen Schuld sein sollen, ist nimmermehr zu ertragen, da ihr stets und schon vor Alters offenbar vielen Menschen die Freiheit gebracht habt[**] ). Wir theilen allerdings euren Kummer über eure Bedrängniß, da ihr nun schon einer doppelten Ernte[***] ) verlustig geworden seid, und auch eure Wohnungen auf lange Zeit hin zerstört sind. Dafür aber versprechen euch die Lacedämonier und die Verbündeten, eure Weiber und Alles, was von eurem Hausgesinde für den Krieg nicht zu gebrauchen ist, zu ernähren, solange dieser Krieg fortdauert. Alexander, der Macedonier, soll euch nicht bereden, nachdem er den Vorschlag des Mardonius so versüßt hat: denn er mußte dies thun, weil er ein Herrscher ist, und ein Herrscher dem anderen hilft; ihr aber dürft es nicht thun, wenn ihr anders vernünftig seid, da ihr wisset, daß bei den Barbaren kein Vertrauen und keine Wahrheit ist. 143. Dieses sagten die Gesandten. Die Athener aber gaben darauf dem Alexander folgende Antwort: Wir selbst wissen es wohl daß die Macht des Meders viel größer ist als die unsrige, so daß es gar nicht nöthig ist, uns dieß vorzuwerfen, aber demungeachtet werden wir, beseelt von dem Verlangen nach Freiheit, uns wehren so gut wie wir nur können; versuche es nicht, uns zu bereden, mit dem Perser einen Vertrag einzugehen; wir werden nicht folgen. Jetzt aber melde dem Mardonius, daß die Athener erklären, so lange die Sonne denselben Weg wandelt, den sie auch jetzt wandelt, wir werden nimmermehr einen Vertrag mit dem Xerxes eingehen, sondern wir wollen ihm entgegenziehen und abwehren, vertrauend auf den Beistand der Götter und der Heroen, deren Wohnungen und Bilder Jener ohne alle Scheu verbrannt hat. Du aber erscheine nicht mehr in der Zukunft mit solchen Vorschlägen bei den Athenern und ermahne uns nicht zu frevelhaftem Handeln, in der Meinung, uns einen guten Dienst zu erweisen. Denn wir wollen nicht, daß dir von Seiten der Athener irgend ein Leid widerfahre, da du unser Gast und Freund bist. 144. Diese Antwort gaben sie dem Alexander, den Gesandten von Sparta aber folgende: daß die Lacedämonier befürchten, wir möchten mit den Barbaren einen Vergleich eingehen, ist etwas sehr Menschliches. Aber, da ihr die Gesinnung der Athener kennt, so erscheint doch eine solche Besorgniß schimpflich, weil es nirgendswo auf der Erde so viel Gold giebt, oder ein an Schönheit und Güte noch so treffliches Land, welches wir annehmen wollten, um Medisch zu werden und Hellas zu unterjochen. Denn viele und wichtige Gründe sind es, welche uns abhalten, dieß zu thun, auch wenn wir es nicht wollten: erstlich und hauptsächlich die zerstörten und verbrannten Bilder und Wohnungen der Götter, für die wir doch nothwendig Rache nehmen müssen bis auf das Aeußerste, eher, als daß wir einen Vertrag eingehen mit dem, der dieß gethan hat. Dann sind wir mit den Hellenen gleichen Blutes und gleicher Sprache, wir haben gemeinsame Sitze der Götter und Opfer und gleiche Sitten: daran Verräther zu werden, würde den Athenern schlecht anstehen. Also wisset, wenn ihr es nicht schon vorher wußtet: so lange auch nur ein einziger Athener noch übrig ist, werden wir nimmermehr mit dem Xerxes einen Vertrag eingehen. Uebrigens ehren wir eure Fürsorge, die ihr uns beweist, weil ihr bei der Zerrüttung unserer häuslichen Lage in der Weise für uns besorgt seid, daß ihr unser Hausgesinde ernähren wollt; und damit habt ihr uns schon zu vollem Danke verpflichtet: wir wollen jedoch verbleiben in der Lage, in der wir jetzt sind, und euch nicht zur Last fallen. Jetzt aber, da die Sache also steht, schickt schleunigst euer Heer. Denn wie wir vermuthen, wird der Barbar in unser Land einfallen in nicht ferner Zeit, sondern sobald er die Kundschaft erhalten, daß wir nichts von dem thun wolle n,was er von uns verlangte. Ehe er nun in Attika erscheint, wüssen wir zeitig in Böotien einrücken. Diese nun entfernten sich nach Sparta, nachdem die Athener ihnen diese Antwort gegeben hatten. |